Berlin/Bonn. .

In der jüngsten Folge der „heute-show“ – in der Mediathek frei zugänglich – gab es gleich zu Beginn wieder diesen Oliver-Welke-Moment. Der Moderator beugt sich nach vorn und sagt: „Jetzt mal ganz im Ernst.“ Als ob das noch nicht reicht, wiederholt er: „Und das mein ich jetzt wirklich ernst: Warum verschließen wir Deutschen unser Herz vor Flüchtlingen?“ Dann ergänzt er: „Gut, vor Steuerflüchtlingen, aber . . .“

Ironische Augenbrauen wie Anne Will, ein undurchsichtiges Lächeln wie Günther Jauch vor der Millionenfrage und dann ein lautes gespieltes Lachen wie Stefan Raab in seinen besten Jahren: Oliver Welke, der Komiker, bekommt diese Gesichtsakrobatik nur in wenigen Sekunden einer Sendung unter. Egal, ob er von Panama-Papieren oder dem Abkommen mit der Türkei redet.

Am 19. April wird Oliver Welke 50 Jahre alt, doch gerade jetzt will der Komiker und Fußballmoderator eben keine Interviews geben. Zum einen macht er klar, dass sein Geburtstag eine Privatsache sei, die er mit seiner Familie zu Hause in Bonn feiern will – zwischen seinen beiden Arbeitsplätzen in Berlin und Köln. Andererseits ist es für einen Satiriker derzeit auch eine besonders sensible Zeit. Wegen der Debatte um das Schmähgedicht von Jan Böhmermann steht derzeit die gesamte Branche vor der Frage, wie weit Satire gehen darf.

Nur einmal hat sich Oliver Welke dazu geäußert und klargemacht, dass er hinter Böhmermann steht. In der „Bild“-Zeitung sagte er: „Eigentlich habe ich gedacht, dass wir die völlige Satire-Freiheit schon vor ein paar Jahrzehnten erreicht haben.“ Außerdem griff Welke die Kanzlerin an: „Zu einem Fall Böhmermann ist es erst geworden, als sich die Kanzlerin dazu zitieren ließ. Ein großer Fehler, der ihr hoffentlich leidtut.“

Ob er in seiner „heute-show“ dazu Stellung bezieht, hat er bisher offengelassen. Dabei hat er das schon längst. In seiner aktuellen Sendung moderierte er einen Beitrag über den irischen Finanzminister ab mit dem Satz: „Was sollen die Iren noch machen, nur von Sex mit Schafen kannst du nicht leben.“ Unterste Schublade, klar – aber es könnte auch als direkter Kommentar auf Böhmermanns Gedicht gesehen werden, wer weiß das bei Welkes ironischem Lächeln schon genau?

Er finde selbstverständlich, dass Satire alles dürfe. So hat er zwei Wochen nach dem Attentat auf die Zeitschrift „Charlie Hebdo“ den Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) überreden lassen, ein DIN-A4-Blatt mit dem Satz „Je suis Greußener Salami“ in die Kamera zu halten. Der Minister musste danach viel Häme aushalten, ähnlich wie viele Pegida-Mitläufer, denen Welkes Team auch schon mal ein Mikrofon des Senders Russia Today vor die Nase hält. Journalistisch schwierig – satirisch ein großer Coup: Denn so gelingt es innerhalb einer Sendung Welke, nicht nur zu unterhalten, sondern auch, einen besonderen Zugang zu Problemen unserer Zeit zu bekommen.

Das ungewöhnliche Fußballteam: Oliver Welke und Oliver Kahn

Gratwanderungen ist der in Bielefeld geborene und in Gütersloh aufgewachsene Oliver Welke offenbar gewohnt. Angefangen hat er schon in den 80er-Jahren als Reporter für das „Westfalen-Blatt“, später bei verschiedenen Lokalradiosendern in Nordrhein-Westfalen, bis er es schließlich zum WDR-Fernsehen in Dortmund geschafft hat. Von dort ging es in den 90er-Jahren zu Sat.1, wo er mehrere Jahre die Uefa-Spiele kommentierte und die Sendung „ran“ moderierte.

Seit vier Jahren präsentiert er im ZDF zusammen mit Oliver Kahn die Champions-League-Spiele und im kommenden Sommer auch wieder die Fußball-EM. Dabei hätte diese Kombination auch leicht schiefgehen können, der „Titan“ und der Witzbold, der über sich selbst sagt: „Ich bin ja gesichtstechnisch selber nicht wirklich fürs HD-Fernsehen geeignet.“ Doch die beiden sind inzwischen eingespielt. „Ich hätte nie gedacht“, sagt er, „dass Kahn auch selbstironisch sein kann.“ Leider ist nicht überliefert, welchen Gesichtsausdruck Welke bei dieser Aussage hatte.