Berlin. Die Abi-Randale von Köln ist für den Gymnasiallehrerverband nur die Spitze des Eisbergs. Nun wird über härtere Sanktionen diskutiert.
Angesichts der jüngsten Kölner Abitur-Exzesse plädiert der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, für härtere schulische Strafandrohungen. „Kurz vor oder erst recht nach den Prüfungen kann man zwar nicht mehr mit Schulverweisen kommen, aber man könnte über die Stränge schlagende Schüler von Abiturfeiern ausschließen. Die schlimmste Sanktion wäre natürlich ein Vermerk im Abiturzeugnis, dass es da gewisse Vorfälle in der Schullaufbahn gab“, sagte der Chef der Gymnasiallehrergewerkschaft der Deutschen Presse-Agentur. Offen sei, ob solche Strafen vor Gerichten Bestand hätten.
Ein Wegducken der Schulleitungen bis zum Ende aller Abi-Prüfungen im Juni helfe offensichtlich nicht, sagte Meidinger. Gleichaltrige Berufsschüler etwa könnten sich extreme Ausfälle wie bei den Kölner Abiturienten in spe „gar nicht erlauben, weil sie fürchten müssten, dass es dem Arbeitgeber gemeldet wird“. Hintergrund von Meidingers Vorstoß ist ein eskalierter Abi-Streich von Kölner Schülern in der vergangenen Woche: Zwei Jugendliche waren schwer am Kopf verletzt worden, als Schüler in rivalisierenden Gruppen aufeinander losgingen.
Klage über Niveauverlust
Meidinger sieht auch jenseits solcher Schülergewalt einen „Niveauverlust“ bei vielen Scherzen und sogenannten „Motto-Wochen“ angehender Abiturienten. „Abi-Streiche gibt es ja seit den 70er Jahren, teilweise waren sie auch schon früher nicht immer freundlich“, sagte Meidinger. „Aber was jetzt passiert, ist ganz etwas Anderes: Welche Schule toppt die andere, und zwar nicht bei Intelligenz oder Feinsinnigkeit des Abiturscherzes, sondern in der Heftigkeit.“
Der Verbandsvorsitzende betonte: „Bildungsziele am Gymnasium sind nicht nur fachliches Wissen und Studierfähigkeit – wir wollen doch auch verantwortungsbereite, kritische Menschen mit einem Wertebewusstsein. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass die Schüler bei der Reifeprüfung mittlerweile zu jung sind. Dass G8-Schüler teilweise schon mit 17 ihr Abi machen, hat die persönliche Reife sicher nicht befördert.“ Umso mehr müsse sich jede Schule „ihrer Verantwortung stellen und frühzeitig mit den Schülern vernünftig reden. Doch viele Schulen sind bei der Werteerziehung massiv auf dem Rückzug“, bedauerte Meidinger. (dpa)