Köln. Fast 400 Anzeigen zur Silvesternacht meldete die Polizei Köln am Samstag. Zuvor hatten die meisten davon unbearbeitet vorgelegen.
Die Zahl der Anzeigen nach den Übergriffen auf Frauen am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht ist sprunghaft gestiegen: Am Samstag berichtete die Polizei von inzwischen 379 Strafanzeigen nach 170 am Freitag. Die deutliche Anstieg hat Gründe: Die Polizei kommt jetzt überhaupt erst dazu, aufgelaufene Anzeigen zu erfassen.
Ein Großteil der Anzeigen, die in anderen Dienststellen erstattet und nach Köln geschickt wurden, hatte dort bisher niemand bearbeitet, bestätigte ein Polizeisprecher unserer Redaktion. Nun sei die Ermittlungsgruppe aufgestockt. Inzwischen bestehe sie aus mehr als 100 Kriminalbeamten. Damit könnten deutlich mehr Anzeigen in gleicher Zeit erfasst werden. Die Polizei kann nicht sagen, wie viele Anzeigen noch nicht erfasst und noch unterwegs sind. Die Gesamtzahl kann damit noch deutlich steigen.
Viele Anzeigen außerhalb erstattet
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Ein Großteil der Opfer ist nicht aus Köln und auch für die Anzeige zu anderen Polizeidienststellen gegangen. Diese Anzeige wurden dann dort erfasst und weitergeleitet nach Köln, wo sie sich aber immer weiter stapelten. Der Sprecher sagte, priorisiert werde in solchen Fällen aber immer auch danach, ob es in Anzeigen unmittelbar einen konkreten Ermittlungsansatz gebe.
Die Polizei erklärt, in knapp jeder zweiten Anzeige meldeten Frauen auch, sexuell zumindest belästigt worden seien: In 40 Prozent der Fälle wurden demnach Sexualstraftaten angezeigt. In den neu erfassten und bislang nicht weiterbearbeiteten Anzeigen war dieser Anteil deutlich geringer: Nach 170 Anzeigen hatte er noch bei 70 Prozent gelegen.
Polizeipräsident hatte am Freitag gehen müssen
Der Polizei war es in der Silvesternacht nicht gelungen, die Übergriffe zu verhindern, die aus einer Menge von zeitweise mehr als tausend Menschen heraus begangen wurden. In einem am Donnerstag veröffentlichten internen Bericht eines leitenden Beamten heißt es unter anderem, es seien viel zu wenig Polizisten eingesetzt worden. Am Freitag wurde bekannt, dass die Kölner Polizei in der Silvesternacht offenbar trotz ihrer Überforderung eine angebotene Hundertschaft ablehnte. Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers hatte am Freitag sein Amt abgeben müssen. Der Polizei war auch vorgeworfen worden, die Öffentlichkeit falsch informiert zu haben.
Die Polizei äußert sich nun erneut zur möglichen Herkunft von Verdächtigen: Die Personen im Mittelpunkt der Ermittlungen kommen demnach „größtenteils aus nordafrikanischen Ländern“. Dabei handele es sich zum überwiegenden Teil um Asylsuchende und Personen, die sich illegal in Deutschland aufhalten, so die Polizei. Einzelne Taten in der Silvesternacht konnten aber offenbar bisher nicht konkret möglichen Verdächtigen zugeordnet werden. „Die Ermittlungen, ob und inwiefern diese Personen mit konkreten Straftaten in der Silvesternacht in Verbindung zu bringen sind, dauern an.“