Essen. . Die “Rekordmilde“ hat Deutschland im Griff. Es werden bis zu 17 Grad erwartet. Was es bedeutet für Pflanzen, Tiere, Allergiker, Händler und Griller.

Natürlich sind Frühlingstage im Winter nicht unnatürlich. 15 Grad im Dezember hat es schon oft gegeben. Aber wenn der Winter einfach ausfällt, dann nennt das auch ein Meteorologe wie Stefan Bach vom Deutschen Wetterdienst „sehr ungewöhnlich“.

Bislang haben wir es mit dem wärmsten Dezember seit 1881 zu tun. Und zugleich mit dem wärmsten November, seit das Wetter beobachtet wird. Der Dezember bislang ist mit 8,2 Grad im Mittel ganze 4,6 Grad wärmer als der langjährige Schnitt. Für Donnerstag erwartet Bach gar bis zu 17 Grad – „Duisburg-Süd ist so ein Kandidat“. Und bis Weihnachten wird sich das Osterwetter wohl halten. Das Wort von der „Rekordmilde“ geht um.

Der Wald schläft nicht

„Witterung ist nicht gleich Klima, erklärt Thomas Kämmerling, Herr über 14.500 Hektar Wald beim Regionalverband Ruhr. „Ein warmer Winter ist verschmerzbar“, sagt der Betriebsleiter „RVR Ruhr Grün“. „Aber wenn es regelmäßig so warm wird, hat es erhebliche Auswirkungen.“ Einige Baumarten zum Beispiel würden gewinnen, andere verlieren. „Die Fichte liebt die Kälte, die Eiche braucht Wärme.“

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„Tiere und Pflanzen sind gut angepasst an die Verhältnisse“, sagt auch Birgit Königs vom Naturschutzbund (Nabu). Für Winterschläfer wie den Igel wäre es viel schlimmer, zwischen zwei Kälteperioden aufzuwachen. Noch aber findet er genug Insekten. Und für diese wiederum ist das Frühjahr entscheidend. Fällt es ebenfalls rekordmild aus, dann gäbe es wohl weniger Mücken, Schmetterlinge und Käfer. Sie können Kälte eben besser vertragen als den Schimmelpilz.

Mehr als manches Tier sind Allergiker betroffen: Es fliegt die Hasel, allerdings nur in „geringem Maße“, wie der Pollenflugindex auf www.dwd.de zeigt. Dem Strauch geht es dabei wie dem gemeinen Krokus und seiner Bande aus Schneeglöckchen und Narzissen. Die treiben zwar schon aus: „Aber wenn es kalt wird, machen sie einfach eine Pause“, sagt Königs. „Das interessiert die Zwiebel erst mal nicht.“

Handel ist Wandel

Mäntel, Handschuhe, Mützen und Schals sind natürlich Ladenhüter bei diesem Wetter – aber die Läden haben sich auch gehütet, sich allzu dick einzudecken. „Der letzte Winter war schon eine Katastrophe“, sagt Axel Augustin vom Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels. „Man hat sich fast daran gewöhnt.“ Und das Sortiment angepasst: Wind- und Regenjacken statt „dieser Mäntel, in denen man aussieht wie ein Michelinmänchen. Bei der Rendite sind wir besser als im letzten Jahr, beim Umsatz mindestens pari.“

Wintergrillen fällt aus

Doch, es gibt sie tatsächlich, die Wintergriller. Immer mehr, erklärt Markus Mizgalski von der Miet-Grill-Agentur „Pottfeuer“ in Wetter. Und sie sind keineswegs erfreut, dass der Winter ausfällt – auch wenn sie nun weniger Kohle verheizen müssen. „Freitagmorgen haben wir einen Kurs zum Wintergrillen, aber die Stimmung ist nicht da.“ Und am Donnerstag begrillen sie eine Firmenweihnachtsfeier – mit Ente, Rotkohl, Sauerkraut. „Essen für die kalte Jahreszeit. Dabei könnte man genausogut Hunger auf Steak und Würstchen entwickeln.“ Was denn auch viele Kunden bestellen. Sommergriller halt.

Das Trampeltier schwitzt

Alaska gibt sich unbeeindruckt: „Die Braunbären buddeln wie verrückt“, sagt Sabine Haas vom Gelsenkirchener Zoom. Sie bauen Höhlen für den Winterschlaf, schon weil die frühe Dunkelheit ihnen anzeigt, was die Jahreszeit geschlagen hat. Drum bilden Trampeltiere oder Tiger einen Winterpelz aus, auch wenn sie darin vielleicht ein wenig schwitzen mögen. Nur die Seelöwen fressen weniger als üblich, obwohl sie eigentlich Winterspeck aufbauen müssten. Und wieder ist es der Mensch, für den sich aus der Rekordmilde die größten Auswirkungen ergeben: Die Tierpfleger haben mehr Ruhe beim Ausmisten, wenn die Tiere länger draußen bleiben.