Berlin. Guido Westerwelles Schilderung seiner Krebserkrankung hat Spender motiviert. Der Politiker folgt dem Beispiel mehrerer Kinder.

Guido Westerwelle hat mit seinem offenen Umgang mit seiner Leukämie-Erkrankung großes Interesse an Registrierungen für die Knochenmarkspenderdatei ausgelöst. Interviews des früheren Bundesaußenministers haben die Nachfrage nach Registrierungssets deutlich steigen lassen – aber längst nicht so wie die Fälle von kranken Kindern das in der Vergangenheit bewirkt hatten.

Was löste Westerwelle in Zahlen aus?

Der Auftritt von ihm und Leidensgenossin Eva Fidler bei Günther Jauch (5,12 Millionen Zuschauer) war kaum vorbei, da meldete die Deutsche Knochenmarkspenderdatei DKMS bereits 3000 neue Registrierungen als Stammzellenspender durch die Sendung.

Das ist allerdings etwas vereinfacht: Von Sonntagmorgen bis Sonntagabend waren knapp 3000 Bestellungen von Testsets eingegangen. Doch die Zahl ist nicht nur Verdienst des Auftritts bei Jauch: Westerwelle war in allen Medien präsent und lief auch am Sonntag bei „RTL explosiv“. Bereits am Freitag hatte die DKMS eine Zunahme der Seitenbesuche verzeichnet, berichtet Sprecherin Julia Runge. Und die Registrierungen gingen weiter: 4654 Bestellungen von Testsets gingen bis Montag Nachmittag ein.

Was bedeuten die Zahlen?

4654 bestellte Testsets bedeuten noch nicht eben so viele neue Namen in der Datei. Nach den jüngsten Zahlen der DKMS schicken nur 64 Prozent das Teststäbchen auch wieder zurück und landen in der Datei. „Die Zahl ist schon gestiegen, aber leider immer noch traurig.“ In den Dateien in Deutschland – die größte ist die DKMS, es gibt aber noch 25 weitere – sind aktuell fast 6,4 Millionen Menschen registriert. Durchschnittlich werden an einem Tag rund 1000 Sets bei der DKMS bestellt.

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timlissel~44aae59b-dbff-4900-ba90-8f6f14f67958.jpg © DKMS

Ist die Resonanz auf Westerwelle rekordverdächtig?

In solchen Kategorien rechnet die DKMS nur ungern: „Jeder Einzelne zählt, der sich registrieren lässt, jeder Einzelne kann lebenswichtig sein“, sagt Sprecherin Runge. „Und da ist egal, wie er zu uns gekommen ist.“ Fälle, in denen Betroffene Gesicht zeigen, animieren die Menschen besonders. Und Kinder lösen da noch mehr Resonanz aus. Als im März 2014 der damals 12-jährige Tim Lissel seinen Sieg über die Krankheit bei Stern TV schilderte, folgten mehr als 30.000 Bestellungen von Registrierungssets.

Brauchen die Dateien die große Bühne, um die Menschen zu erreichen?

Fernsehauftritte helfen, aber besonders bewegende Schicksale verbreiten sich auch so. Anfänglich ganz ohne Zutun von Medien verbreitete sich ein Hilfeaufruf für die zweijährige Eleni. Der Erfolg überrollte die Knochenmarkspenderzentrale der Uni Düsseldorf im Frühjahr 2013: Mit rund 40.000 Testsets in dem Fall wurden fast vier Mal so viele über das Internet bestellt wie die Düsseldorfer bis dahin jährlich insgesamt verschickt hatten. Ihr Foto war in sozialen Medien zigtausendfach geteilt worden. Das DKMS teilte auch im Dezember 2013 einen Suchaufruf eines kleinen Mädchens aus England: Das Posting zu Margot führte in drei Wochen zu 32.000 Bestellungen. Tausende potenzielle Lebensretter – aber für Margot fand sich leider keiner.

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helfteleni22~a1aa1e2c-c36c-43fc-9530-d9d75e898aa9.jpg © rettet-eleni.de

Wie wichtig war der Westerwelle-Auftritt?

Jeder neu gewonnene Spender ist wichtig, unterstreichen die Dateien. Es geht aber nicht nur um neue mögliche Spender, es geht auch um die Wirkung auf Kranke. Und da ist von Westerwelle auch eine starke Botschaft ausgegangen. DKMS-Sprecherin Ringe: „Ich finde es toll, wie er als Mutmacher aufgetreten ist.“ Für viele Patienten seien Westerwelles Schilderungen sehr wichtig. Durch Westerwelles Prominenz werde zudem das Thema Leukämie insgesamt aufgegriffen.

Wird es schwerer, neue Spender zu erreichen?

Seit Jahren gibt es immer wieder regionale Typisierungsaktionen, jeder sollte schon erfahren haben, wie einfach es ist. Das heißt aber nicht, dass die dafür offenen Menschen sich auch registriert haben. Im vergangenen Jahr gab es mit fast 700.000 neuen Typisierungen einen Rekordwert. Für viele Menschen werden auch immer noch keine Spender gefunden: Nach Zahlen des Robert-Koch-Instituts starben 2011 rund 8700 Menschen an Blutkrebs.

Auf der Seite der DKMS: In wenigen Schritten zur Registrierung.