München. Vom Casting zur Kanzlerkandidatin: Eine 23-jährige Studentin tritt für die "Titanic"-Partei gegen Angela Merkel an. "Es soll ein Rock durch Deutschland gehen, und ich bin dieser Rock", verkündet die Münchnerin. "Die Partei" schickt sie mit dem Motto "Frau ja, aber schöner" ins Rennen.

Eine 23 Jahre alte Studentin soll Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Konkurrenz machen. Unter dem Motto «Frau ja, aber schöner» schickt die Partei «Die Partei» von Ex-«Titanic»-Chefredakteur Martin Sonneborn die Münchnerin Samira El Ouassil in ihren «schmierigen» Wahlkampf. «Wir setzen Merkel eine gut aussehende junge Frau entgegen», sagt Sonneborn. Zu ihrer neuen Funktion kam El Ouassil durch den Sieg bei einem «Kanzlerkandidatinnen-Casting» der Partei. Von Donnerstag (13. August) an ist die junge Münchnerin in ihrer neuen Rolle auch im Kino zu sehen: in «Die Partei - Der Film».

Politisches Pin-up-Girl für die Parteimitglieder

Mehr als einen Monat nach ihrem Casting-Sieg hat El Ouassil ihre politische Funktion nahezu perfekt verinnerlicht. Zum Interview kommt sie in Begleitung ihres «Fahrers», trägt ein blaues Hemd mit roter Krawatte und reiht politsatirische Phrasen aneinander. «Es soll ein Rock durch Deutschland gehen, und ich bin dieser Rock», verkündet sie. «Ich bin das, was Sarah Palin eigentlich war, aber nie zugegeben hat: nämlich ein politisches Pin-up-Girl für die Parteimitglieder.»

Die Studentin der Kommunikationswissenschaften war von Sonneborn bei einer Lesung zum Casting der «Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative» eingeladen worden. Teilnehmen durften dem Parteichef zufolge ausschließlich gut aussehende Frauen unter 35, die bereit sind «als willenlose Marionetten» zu kandidieren. Insgesamt 17 junge Frauen präsentierten sich Anfang Juli in Hamburg einer Jury.

Heißer Wahlkampf

El Ouassil überzeugte die Jury im tiefdekolletierten roten Kleid nicht nur auf dem Laufsteg, sondern auch im zweiten Teil des Castings, bei der «politischen Meinungsäußerung»: «Hier ist es sehr, sehr heiß, aber die 'Partei' verspricht einen heißen Wahlkampf», rief sie unter dem Jubel der «Partei»-Anhänger. Sonneborn ist voll des Lobes für seine Kanzlerkandidatin: Sie sehe gut aus und habe die Frage, ob sie eine politische Vision habe, mit Ja beantwortet. Die Rollen von Parteichef und Kanzlerkandidatin sind klar verteilt, wie El Ouassil erläutert: «In der Regel redet Martin, und ich sehe aus.»

Nur hin und wieder sind der Münchnerin marokkanischer Herkunft auch mal Antworten jenseits der Rollenphrasen zu entlocken. Die Wähler sollten «auf die Absurdität der politischen Mechanismen aufmerksam werden», sagt die Studentin, die derzeit an ihrer Masterarbeit über verzerrte Wahrnehmung durch übermäßigen TV-Konsum schreibt.

Film vorgestellt

Eine öffentlichkeitswirksame Aktion gelang Sonneborn und El Ouassil vergangene Woche, als sie unmittelbar vor der Presskonferenz von Hape Kerkeling zu dessen neuem Film »Horst Schlämmer - Isch kandidiere« auf dem Podium Platz nahmen. Die Kanzlerkandidatin lächelte und winkte ins Publikum, Sonneborn stellte die «Partei» kurz vor: »Gegründet vom Faktenmagazin 'Titanic', um die Macht in diesem Land zu übernehmen und das Land wieder zu spalten.« Nach etwa zwei Minuten wurden die beiden von Sicherheitsleuten aus dem Saal geführt.

Zwar ist El Ouassil längst in die «Partei» eingetreten, für einen Platz auf deren Landeslisten kam ihre Kür zur Kanzlerkandidatin aber zu spät. Damit stünde sie selbst dann nicht zur Wahl, wenn «Die Partei» bei der Bundestagswahl doch noch antreten dürfte. Danach aber sieht es nach dem Nein des Bundeswahlausschusses aber ohnehin nicht aus.

"Meisterwerk im Guido-Knopp-Stil"

Damit sind vorerst nicht Merkel, Steinmeier, Westerwelle und Co. die Hauptkontrahenten von Sonneborn und El Ouassil, sondern Bundeswahlleiter Roderich Egeler und insbesondere Kerkeling: Am 20. August kommt der Film über den Wahlkampf der Horst Schlämmer Partei (HSP) in die Kinos, bereits diesen Donnerstag (13. August) der Film über die «Partei». Sonneborn bezeichnet das Werk als «innovativen Propaganda-Dokumentarfilm», El Ouassil spricht von einem »Meisterwerk im Guido-Knopp-Stil« mit einigen »Leni-Riefenstahl-Zitaten«.

Die Kanzlerkandidatin hat auf dem Filmplakat eine hervorgehobene Stellung, spielt im Film aber nur eine Nebenrolle: Denn das Werk dokumentiert die Entwicklung der »Partei« in den vergangenen fünf Jahren, und El Ouassil gehört erst seit wenigen Wochen dazu. Nur zwei Sätze von ihr kommen in dem Film aber vor. Aber sie wurde ja ohnehin vor allem ausgewählt, um der Partei ein schönes Gesicht zu verleihen. (ddp)