London..
Während die Münchner noch bis zum 19. September warten müssen, haben die Londoner schon einmal angefangen: In der britischen Hauptstadt wird kräftig Oktoberfest gefeiert. Den Anfang machte Anfang des Monats ein Event in Brixton, an weiteren vier Wochenenden werden in Westlondon und auf der „Isle of Dogs“ die Festzelte aufgebaut. Und wenn die Münchner schon ausgefeiert haben, geht es am 8. Oktober in den Docklands noch einmal richtig los: Dann soll das größte aller jemals in London veranstalteten Oktoberfeste über die Bühne gehen. Die Briten, scheint es, hat die Bierzeltbegeisterung erfasst.
Das reiht sich ein in einen Trend, der schon seit einiger Zeit zu beobachten ist, aber immer stärker wird: Deutsch ist in. Vorbei sind die Zeiten, wo man noch Weltkriegswitze riss und sich der Nazi-Stereotypen bediente. Jetzt ziehen sich junge Briten Lederhosen an, fesche Inderinnen zwängen sich ins Dirndl, und alle gemeinsam wollen vor allem eins: Spaß haben. Da singen sie sogar deutsche Schlager mit.
Carsten Raun veranstaltet Oktoberfest-Events in elf britischen Städten. 2011 begann er damit und profitierte davon, dass diese Form von Erlebnisgastronomie im Königreich immer erfolgreicher wurde. In London allein erwartete er an fünf Wochenenden rund 500 000 Besucher. Wie erklärt er sich den Erfolg? „Deutschen und Briten“, meint Raun, „haben eines gemeinsam: Sie lieben es, mit Freunden zusammenzusitzen, miteinander zu singen und ihr Bier zu trinken.“
Da hat er Recht, an Bier sind Briten immer interessiert, und Deutschland hat bei ihnen den Ruf, die besten Biere der Welt zu brauen. Raun hat sich eine kleine Brauerei bei Nürnberg gekauft, lässt dort sein eigenes exklusives „Bavarian Festbeer“ herstellen und exportiert es mit einem Tanklastwagen, der 33 000 Liter fasst, direkt an den Ort des Geschehens. Auch die anderen Zutaten sind original, wie die rund 20 000 Würste, die er in London absetzen will. Er hat Bierzelte aus Deutschland mitgebracht, das größte fasst 3300 Gäste, und veranstaltet seine Events zumeist in öffentlichen Parks.
Während Raun und andere Veranstalter nur saisonal in Großbritannien aufschlagen, bietet die Konkurrenz das ganze Jahr über so etwas wie ein Wiesn-Erlebnis. Der „Octoberfest Pub“, eine Kneipe in Südwestlondon, wirbt mit authentischer bayerischer Küche, einer Auswahl von über 60 deutschen Bieren und „endlosem Oktoberfest-Spaß“. Da fehlt die Blasmusikkapelle nicht, und man ermuntert die Gäste, auf die Bänke zu steigen. Das Konzept funktioniert. Seitdem man 2005 erstmals die Türen öffnete hat man, so die Veranstalter, über eine Million Gäste bewirtet und 15 Millionen Liter Bier verkauft.
Mittlerweile kein Einzelfall mehr. Eine kleine Kneipenkette hat sich mit dem „Bavarian Beerhouse“ etabliert, die zwei Dependancen in London und eine in Bristol hat und mittlerweile Franchise-Partnerschaften anbietet. „Teil des Konzepts“, sagt Unternehmerin Sabine von Reth, „ist natürlich ,Oktoberfest’, das Münchner Original. Aber das ganze Jahr über kann ein deutsches Restaurant und Bar mit gutem Essen und Bier funktionieren. Die Gäste werden immer neugieriger, deutsche Sachen zu probieren.“
Mit einem recht ähnlichen bajuwarischen Konzept, aber definitiv High End, hat sich „Bodo’s Schloss“ positioniert. Der Nightclub plus Bar und Restaurant im noblen Stadtteil Kensington präsentiert sich im österreichischen Chalet-Stil mit einer Blockhaus-Atmosphäre, wo selbst die Decken aus Holz sind.
Schampus und Cocktails
Karierte Tischdecken und Personal in Volkstracht vervollständigen das Bild. Allerdings wird hier weniger Bier getrunken, vielmehr Champagner und hochpreisige Cocktails. Zur Klientel gehören die jungen Leute der begüterten Oberschicht. Selbst Prinz Harry lässt sich hier gelegentlich sehen.
Das bisher größte Oktoberfest soll am 8. Oktober im Londoner „Tobacco Dock“ stattfinden, wo 24 000 Gäste erwartet werden. Veranstalter Timo Schmidt will mehr als 100 000 Liter Bier und 50 000 Würste verkaufen. „Während das deutsche Original“, juxt Schmidt, „heutzutage hauptsächlich im September stattfindet, wird dies das echte Oktoberfest in Europa sein.“