Essen. Er ist seit Jahrzehnten ein internationaler Film- und Fernsehstar - und wurde gerade erst wieder zum beliebtesten deutschen Schauspieler gewählt.

Es gibt kaum eine Pressekonferenz mit ihm, auf der diese Frage nicht gestellt wird. „Herr Adorf“, sagt dann jemand, „wann wollen sie aufhören?“ Man merkt schnell, dass Mario Adorf diese Frage nicht versteht, aber natürlich ist er viel zu höflich, um aus der Haut zu fahren. Gerne legt er dann die Hände zusammen, tut so, als müsse er kurz überlegen und antwortet dann: „Solange es mir gutgeht und ich gesund bin, will ich nicht übers Aufhören nachdenken.“ Auch nicht an seinem 85. Geburtstag, den der Schauspieler an diesem Dienstag feiert.

Warum sollte er auch? Anfang des Jahres erst ist Adorf in einer Umfrage zum beliebtesten deutschen Schauspieler gewählt worden – vor Moritz Bleibtreu und Jan-Josef Liefers. Zu erwarten ist das zu Beginn seiner Karriere nicht. Da ist Adorf meist der Böse, manchmal auch der schrecklich Böse. Als geisteskranker Serienmörder in „Nachts, wenn der Teufel kam“ wird er berühmt, als Schurke „Santer“ in „Winnetou I“ berüchtigt. Denn da erschießt er Nscho-Tschi, die Schwester des edlen Apachen. Noch Jahre später, hat er oft erzählt, hätten die Leute ihm auf der Straße hinterher gerufen, dass sie ihm das nie verzeihen würden. Er konnte damit leben: „Besser unbeliebt als unbeachtet.“

Ganove, Fiesling - aber immer menschlich

Er spielt heruntergekommene Mexikaner und schmierige Italiener. Ist er kein Verbrecher, ist er zumindest ein Ganove. Oder wenigstens unsympathisch. Aber irgendwie trotzdem menschlich. So wie als Provinzfabrikant Haffenloher, der in der TV-Serie „Kir Royal“ unbedingt in die Münchner Schickeria will und dem Klatschreporter Baby Schimmerlos (Xaver Kroetz) androht: „Isch scheiß disch so wat von zu mit meinem Jeld...“

„Ich war nie für die Helden, ich war dafür auch einfach nicht gebaut“, hat Adorf früh erkannt. Die Damen sind dennoch fasziniert von ihm. In den 70ern wollen laut einer Umfrage angeblich 50 Prozent aller deutschen Frauen mit ihm schlafen. Worauf Adorf geantwortet haben soll: „Und was ist mit den anderen 50 Prozent?“

An Selbstbewusstsein hat es ihm überhaupt nie gemangelt. Rollen in „Der Pate“ und Billy Wilders „Eins, zwei, drei“ lehnt er ab, weil sie ihm zu klein sind. In anderen Filmen lässt er gerne mal das Drehbuch ändern oder nachdrehen, weil er nicht groß genug im Bild ist. Egozentrik trifft auf den Drang zur Perfektion. „Diva“ nennt ihn Rainer Werner Fassbinder, und viele Regisseurkollegen werden da wohl nicken. Aber alle engagieren Adorf immer wieder. Weil er einer der Besten im Lande ist, wie er unter anderem in der „Blechtrommel“ oder „Lola“ beweist.

Er lebt mit seiner Frau Monique in Saint-Tropez

Nur seine Mutter, die ihn alleine großgezogen hat, ist lange Zeit nicht glücklich mit der Karriere ihres Sohnes. Ein „feiner Herr“ sollte ihr Mario werden, aber wenn sie ihn auf der Leinwand sieht, spielt er Emporkömmlinge, gehörnte Ehemänner oder intrigante Nazis. Bis er „Der Große Bellheim“ wird, Kaufhauskönig und Gentleman. Gedreht zum großen Teil im Ruhrgebiet, wird der Dieter- Wedel-Vierteiler einer der großen TV-Erfolge der 1990er-Jahre.

Zum 85. aber holt Adorf sein Schurken-Image noch einmal ein. In Sommer hat er in Kroatien gedreht, ist dabei, als RTL die alten Winnetou-Abenteuer neu verfilmt. Und was hat er gespielt? Santers Vater. Sheriff ist der Mann wahrscheinlich nicht.

Wo Adorf seinen Geburtstag feiern wird, hat er nicht verraten. Angeblich ist er derzeit „irgendwo in Italien“, sehr wahrscheinlich mit Monique an seiner Seite, mit der er seit 1985 verheiratet ist und die mal Double und beste Freundin von Brigitte Bardot war. Nächsten Monat geht Adorf dann auf Lesereise, stellt sein jüngstes Buch „Schauen Sie mal böse“ vor (25.10., Düsseldorf, Schauspiel; 30.10., Bochum, Schauspiel). Womit wir wieder beim Thema Aufhören wären. „Ich empfinde großes Glück, weitermachen zu können, ohne Pause, ohne Krise“, sagt Adorf. „Das war nicht allen Kollegen vergönnt. Man kann nur Danke sagen.“

Mario Adorf

Einer der beliebtesten deutschen Schauspieler: Am 8. September wird Mario Adorf 85 Jahre alt. Hinter ihm liegt bereits ein halbes Jahrhundert auf Leinwand, Bildschirm und Theaterbühne.
Einer der beliebtesten deutschen Schauspieler: Am 8. September wird Mario Adorf 85 Jahre alt. Hinter ihm liegt bereits ein halbes Jahrhundert auf Leinwand, Bildschirm und Theaterbühne. © ddp
Auf eine pompöse Gala zu seinen Ehren hat Adorf dennoch keine Lust. Sein Geschenk an die Fans: der TV-Zweiteiler
Auf eine pompöse Gala zu seinen Ehren hat Adorf dennoch keine Lust. Sein Geschenk an die Fans: der TV-Zweiteiler "Der letzte Patriarch", in dem er einen Marzipanfabrikanten spielt. Der Film läuft pünktlich zu seinem Geburtstag im ZDF.
Adorf wuchs im Eifelstädchen Mayen auf, hier zu sehen vor der Burg des Orts. Geboren wurde er 1930 in Zürich als Sohn eines italienischen Chirurgen und einer elsässischen Röntgenassistentin. Den Vater traf er nur einmal in seinem Leben.
Adorf wuchs im Eifelstädchen Mayen auf, hier zu sehen vor der Burg des Orts. Geboren wurde er 1930 in Zürich als Sohn eines italienischen Chirurgen und einer elsässischen Röntgenassistentin. Den Vater traf er nur einmal in seinem Leben.
Bevor er große Erfolge feierte, studierte er Philosophie und Theaterwissenschaften in Mainz, spielte dort auf der Studentenbühne. Anschließend lernte er Schauspiel an der renommierten Otto-Falckenberg-Schule in München. Ab 1955 spielte er bei den Münchner Kammerspielen.
Bevor er große Erfolge feierte, studierte er Philosophie und Theaterwissenschaften in Mainz, spielte dort auf der Studentenbühne. Anschließend lernte er Schauspiel an der renommierten Otto-Falckenberg-Schule in München. Ab 1955 spielte er bei den Münchner Kammerspielen. © ddp
Der Durchbruch: 1957 spielte Adorf einen Massenmörder in
Der Durchbruch: 1957 spielte Adorf einen Massenmörder in "Nachts, wenn der Teufel kam". Auf diesem Szenenfoto steht er neben Rose Schäfer. Der Film wurde für einen Oscar nominiert. Adorf bekam für die Rolle den Bundesfilmpreis - und das nicht zum letzten Mal. © imago stock&people
Anfangs war Adorf oft auf die Rolle des Bösewichts gemünzt - so auch in der Komödie
Anfangs war Adorf oft auf die Rolle des Bösewichts gemünzt - so auch in der Komödie "Die Herren mit der weißen Weste" von 1969. Adorf mimt den Anführer einer Gangsterbande. An seiner Seite spielten Herbert Fux und Rudolf Platte (von links). © imago stock&people
An den Abschied vom Publikum denkt der Schauspieler noch lange nicht:
An den Abschied vom Publikum denkt der Schauspieler noch lange nicht: "So lange die Angebote kommen, werde ich nicht aufhören", versprach er kürzlich. Hier ist er bei den Dreharbeiten zu "Gegengerade - niemand siegt am Millerntor" zu sehen, einem Film über den FC St. Pauli. © imago stock&people
Seit 1985 ist Adorf in zweiter Ehe mit der Französin Monique Faye verheiratet. Aus seiner ersten Ehe mit der Schauspielerin Lis verhoeven stammt seine Tochter ...
Seit 1985 ist Adorf in zweiter Ehe mit der Französin Monique Faye verheiratet. Aus seiner ersten Ehe mit der Schauspielerin Lis verhoeven stammt seine Tochter ... © ddp
... Stella, heute 47 Jahre alt. Auch sie ist Schauspielerin.
... Stella, heute 47 Jahre alt. Auch sie ist Schauspielerin.
Früher waren schwarze Haare und dunkler Bart sein Markenzeichen - daher das Abonnement auf Gangsterrollen. Die ergraute Haarpracht wirkt auf Adorf selbst als
Früher waren schwarze Haare und dunkler Bart sein Markenzeichen - daher das Abonnement auf Gangsterrollen. Die ergraute Haarpracht wirkt auf Adorf selbst als "ehrfurchtsvoll und respektheischend".
Weißer Schal und Fliege: Mit der Zeit wirkte Adorf mondäner. Er machte auch einige Ausflüge ins Ausland - so spielte er etwa in Sam Peckinpahs Western
Weißer Schal und Fliege: Mit der Zeit wirkte Adorf mondäner. Er machte auch einige Ausflüge ins Ausland - so spielte er etwa in Sam Peckinpahs Western "Major Dundee" in Hollywood (1964). Auch in französischen und italienischen Filmen trat er auf.
Einer seiner größten Erfolge war die Kinoverfilmung von Günter Grass' Roman
Einer seiner größten Erfolge war die Kinoverfilmung von Günter Grass' Roman "Die Blechtrommel" von 1979, in dem er den Vater des Trommeljungen Oskar Matzerath gab. © imago stock&people
Besonders ab den 90er-Jahren wurde Adorf auf dem Fernsehschirm präsent, in Serien wie
Besonders ab den 90er-Jahren wurde Adorf auf dem Fernsehschirm präsent, in Serien wie "Kir Royal" (1986) und Filmen wie "Der große Bellheim" (1992). Auch der Theaterbühne blieb er sein ganzes Schauspielerleben lang treu.
Schauspielgröße trifft Politgröße: Adorf trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel 2008 beim
Schauspielgröße trifft Politgröße: Adorf trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel 2008 beim "Kultursalon" im Reichstag. © imago stock&people
Mit Auszeichnungen wurde Adorf regelrecht überhäuft: Er bekam drei Bundesfilmpreise, 1993 sogar das Bundesverdienstkreuz. Das Bild zeigt ihn 2004 bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises zusammen mit Schauspielerin Sibel Kekilli.
Mit Auszeichnungen wurde Adorf regelrecht überhäuft: Er bekam drei Bundesfilmpreise, 1993 sogar das Bundesverdienstkreuz. Das Bild zeigt ihn 2004 bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises zusammen mit Schauspielerin Sibel Kekilli.
1/15