Palma de Mallorca. Im Sommer zu voll, im Winter zu leer: Mallorcas neue Regierung sucht nach Wegen, um die Touristenmassen besser über das Jahr zu verteilen. Bisher waren die Versuche, mehr Urlauber im Herbst oder Winter auf die Insel zu locken, jedoch wenig erfolgreich.

Es wird immer voller - an den Stränden, in den Hotels, in den Jachthäfen und Ankerbuchten. Knapp 1,7 Millionen Touristen wurden im Juli auf Mallorca gezählt, gut 300 000 mehr als noch vor fünf Jahren. Nach dem Spitzenjahr 2014 zeichnet sich gerade ein neuer Rekord ab. Die neue Linksregierung auf der spanischen Inselgruppe der Balearen will gegen den extremen Andrang zur Hauptsaison ankämpfen und die Insel verstärkt als Winterreiseziel bewerben.

So mancher Urlauber, der das Gedränge allmählich satthat, würde es den Politikern danken. Doch die Hoteliers prophezeien schon jetzt: Das wird nicht klappen. Die Leute kämen schließlich nach Mallorca, um im Sommer in der Sonne am Strand zu liegen und im Meer zu baden.

Mallorca-Urlauber Bernd Grundmann aus Hamburg erzählt, er und seine Familie hielten sich im Urlaubsort Cala Ratjada, wo ihr Hotel steht, meist nur abends und zum Schlafen auf. "An den beiden kleinen Stränden ist es uns zu voll", sagt er. Seine Frau Sylvia pflichtet ihm bei: Sie habe das kleine Fischerdorf vor über 25 Jahren als verschlafenes Nest mit gerade mal einer Diskothek kennengelernt und sei nun regelrecht schockiert über die Auswüchse des Massentourismus. "Man hätte schon längst etwas tun müssen, um das zu verhindern", meint sie.

Reiseziel zum Wandern, Radfahren und für andere Sportaktivitäten

Die neue Balearen-Regierung will es nun versuchen. "Die Touristenzahlen in den Sommermonaten sind extrem, inzwischen haben die Urlauber selbst das Gefühl, dass sich zu viele Menschen auf der Insel drängen", sagte Tourismusminister Biel Barceló von der Linkspartei Més der Deutschen Presse-Agentur. Im August 2014 verzeichnete Mallorca über 1,7 Millionen Urlauber, im Dezember kamen dagegen gerade mal 122 000 Besucher. Dieses Ungleichgewicht zwischen Haupt- und Nebensaison gelte es zu entschärfen.

Die Frage ist nur wie. Man müsse die Insel verstärkt als Reiseziel zum Wandern, Radfahren und für andere Sportaktivitäten anpreisen, schlägt Barceló vor - wohlwissend, dass diese Idee nicht ganz neu ist. Auch Mallorcas Gastronomie, die Märkte und Dorffeste lohnten ganzjährig einen Besuch. "Wir müssen den Leuten klarmachen, dass die Insel auch im Winter viel zu bieten hat", sagte der Minister.

Doch die Sache hat einen Haken - an dem schon so mancher Tourismusminister gescheitert ist: So lange es im Winter keine besseren Flugverbindungen und billigere Tickets gibt, werden die Besucherzahlen kaum steigen. "Diese Barriere müssen wir als erste überwinden", betonte Barceló. Man wolle mit den Fluggesellschaften verhandeln. Ein britischer Billigflieger kündigte immerhin an, die Insel künftig schon im Februar statt erst im März anzusteuern.

Dass die Airlines den Mallorca-Flugplan im Winter deutlich eindampfen, liegt auch daran, dass in der Nebensaison kaum Hotels geöffnet sind - ein Missstand, den die Balearen-Regierung zu beseitigen versucht. Allerdings scheinen die Hoteliers, die sich über die ab Herbst 2016 geplante Touristensteuer ärgern, wenig kooperativ.

"Wir müssen uns von der Fixierung auf die Urlauberzahlen verabschieden"

"Die Leute wollen Sonne und Strand", sagte Inmaculada Benito, die Geschäftsführerin des inselweiten Hotelverbands. Eine Umverteilung der Touristenscharen von der Haupt- auf die Nebensaison werde daher nicht gelingen. Für 2016 rechnet Benito erneut mit Spitzenwerten. "Die Aussichten sind gut, wir hoffen, dass die Urlauberzahlen nicht zurückgehen", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Dagegen fordert Miquel Ángel March, der Bürgermeister von Pollença, mit den immer neuen Besucherrekorden müsse Schluss sein. "Wir müssen uns von der Fixierung auf die Urlauberzahlen verabschieden", sagte der Ex-Chef des Umweltverbandes Gob der "Mallorca Zeitung". Das touristische Angebot und die Übernachtungsplätze in Hotels und Appartements dürften nicht weiter zunehmen. "Jeder schreit nach Qualitätstourismus, aber wenn am Ende nicht elf, sondern nur noch zehn Millionen Urlauber kommen, sind alle entsetzt."

Vermietungen in einer gesetzlichen Grauzone

Eine Maßnahme, die ein weiteres Ansteigen der Touristenzahlen verhindern könnte, bestünde im rigorosen Verbot der Ferienvermietung von Privatappartements. Solche Vermietungen finden bisher in einer gesetzlichen Grauzone statt und treiben immer wildere Blüten. Ein Verbot hält March allerdings für kaum durchsetzbar. "Das würde die Leute nicht davon abhalten, es trotzdem zu tun." Barceló beteuert, man wolle das Vermieten von Privatwohnungen regeln und beispielsweise Mindeststandards festlegen.

Es ist kein leichtes Unterfangen also, die Jahr für Jahr wachsenden Touristenzahlen in den Griff zu bekommen. Das ist auch Urlauber Bernd Grundmann klar. "Ein bisschen weniger wäre wirklich schön, aber wie will man selektieren?", fragt sich der Hamburger. Für ihn steht schon jetzt fest: "Wenn es hier noch voller wird, werde ich mir wohl ein anderes Reiseziel suchen." (dpa)