Karlsruhe. Raucher ersparen dem deutschen Steuerzahler laut einer Studie Milliarden. Grund: Sie sterben im Schnitt fünf Jahre früher und beziehen weniger Rente.

Die Raucher in Deutschland entlasten laut einer Studie Sozialkassen und Steuerzahler in Deutschland unter dem Strich um hohe Milliardenbeträge. Das haben die Forscher Berthold Wigger und Florian Steidl vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) errechnet. Vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) jedoch kommt scharfe Kritik: Er bestreitet vehement einen wirtschaftlichen Nutzen der Raucher für das Allgemeinwohl.

Wigger und Steidl weisen darauf hin, dass Raucher ungefähr fünf Jahre früher als Nichtraucher sterben und entsprechend keine Altersrenten und Ruhegehälter mehr beziehen. Der Effekt ist nach Angaben der Studie finanziell weitaus stärker als Mehrkosten durch zusätzliche medizinische Behandlung oder frühzeitiges Ausscheiden von Rauchern aus dem Erwerbsleben.

Der Sprecher des GKV-Spitzenverbands, Florian Lanz, sagte dazu am Dienstag: "Das häufig relativ frühe Sterben von Menschen aufgrund ihrer Nikotinsucht ist ein Drama, und ich finde es befremdlich, daraus einen wirtschaftlichen Nutzen für eine Gesellschaft zu errechnen." Die Krankenkassen unterstützten gezielt Personen bei der Rauchentwöhnung, "weil es uns um deren Gesundheit geht und nicht wegen eventueller langfristiger Vor- oder Nachteile für die Sozialkassen".

Nur Kosten untersucht, die die Allgemeinheit trägt

"Wir haben zum ersten Mal die Nettokosten des Rauchens in Deutschland untersucht", sagte Wigger der Deutschen Presse-Agentur. Dabei ging es nur um jene Kosten, die von der Allgemeinheit zu tragen sind. Manche Kosten trägt der Raucher oder die Raucherin selbst; so haben Raucher zum Beispiel ein niedrigeres Einkommen als Nichtraucher.

Die beiden Forscher wählten für ihre Untersuchung einen neuartigen Ansatz. Sie ließen in Modellrechnungen eine theoretische nichtrauchende und die reale Gesellschaft des Jahres 2011 über einen Lebenszyklus von 89 Jahren gegeneinander antreten und berechneten, was an Mehrkosten und Ersparnissen für die Gesellschaft dabei herauskam. Ergebnis: Die reale Gesellschaft ist um 36,4 Milliarden Euro günstiger für alle. In ihr rauchen 30 Prozent der Männer und 21 Prozent der Frauen.

Zusätzlich zahlen die Raucher in ihrer Lebenszeit auch noch 376 Milliarden Euro Tabaksteuern, die ohne Tabakprodukte nicht eingenommen würden. "Tabaksteuern lassen sich nur schwer rechtfertigen, wenn man die externen Nettokosten betrachtet", sagte Wigger. Das werde die hohe Popularität von Tabaksteuern beim Fiskus aber nicht schmälern.

Andere Forscher beziffern jährliche Kosten auf 90 Milliarden

Andere Forscher sind zu anderen Ergebnissen gekommen und beziffern die jährlichen Kosten des Rauchens in Deutschland teils auf 30 bis 35 Milliarden Euro, teils bis auf bis zu 90 Milliarden Euro. Dem stünden lediglich Einnahmen von 14 Milliarden Euro aus der Tabaksteuer gegenüber.

"Das sind Bruttorechnungen, wir haben Nettoeffekte ermittelt", erläuterte Wigger. Wenn zum Beispiel ein Raucher mit 70 Jahren dem Lungenkrebs erliege, könne er nicht mehr mit 80 Jahren an Darmkrebs sterben. Da am Ende die Mortalität bei 100 Prozent liege und auch die Nichtraucher stürben, hielten sich die Nettokosten in Grenzen. (dpa)