Essen. Ob Sean Connery wollte oder nicht: James Bond war die Rolle seines Lebens. Den Geheimagenten verfluchte er mehr als einmal - und schaffte die Wende.
Sein Name war nicht Bond, James Bond. „Die Rolle verfolgt mich wie ein Fluch“, hat Sean Connery oft geschimpft, auch wenn sie ihn reich, berühmt und begehrt gemacht hat und er trotz Daniel Craig der beste 007 geblieben ist. Nun gibt es härtere Schicksale, als mit einer Filmrolle identifiziert zu werden, und beklagen kann er sich ohnehin nicht: Die Karriere des Schotten, der 1930 als Thomas Connery in Edinburgh geboren wurde und heute seinen 85. Geburtstag feiert, hat in den 70er- und 80er-Jahren noch eine Wendung genommen, mit der er selbst kaum gerechnet haben dürfte.
Er feuerte sein lächerliches Toupet in die Ecke, hängte den Agenten-Smoking an den Haken und etablierte sich als Charakterdarsteller, der das Publikum mit nicht erahnten schauspielerischen Qualitäten verblüffte. Connery bezauberte Audrey Hepburn in „Robin und Marian“, trumpfte bei John Huston auf als „Mann, der König sein wollte“, machte als spanischer Edelmann eine blendende Figur im „Highlander“ und eroberte als gelehrter Detektiv im Mönchsgewand in „Der Name der Rose“ endgültig auch jene Kinobesucher, die gemeinhin mit Action nichts zu tun haben wollen. Als irischer Cop, der es noch einmal mit Al Capone aufnimmt, verdiente er sich mit „The Untouchables“ 1987 einen Oscar.
Connery kämpfe für die Unabhängigkeit Schottlands
Abgetaucht sei Connery, melden Boulevardblätter. 2013 kursierten Gerüchte, er habe Alzheimer, Freunde dementierten, wenig später tauchte er in bester Laune beim Tennisturnier in New York auf. Vor einem Jahr erschien ein Artikel in einer politischen Wochenzeitung unter seinem Namen, in dem er sich kurz vor dem anstehenden Referendum mal wieder für die Unabhängigkeit Schottlands aussprach. Er selbst freilich zahlt schon längst keine Steuern mehr in der Heimat, residiert mit seiner zweiten Ehefrau, der Malerin Micheline Roquebrune (86), abwechselnd auf den Bahamas und in Andalusien. Sie sind seit 40 Jahren verheiratet.
Seinen Rückzug aus dem Geschäft hat er vor ein paar Jahren in der ihm eigenen Art angekündigt. „Ich habe die Idioten satt, die inzwischen in Hollywood arbeiten“, erzählte er dem englischen Massenblatt „The Sun“. Da schwang immer noch Ärger mit über seinen unwürdigen Leinwandabschied 2003: Der Fantasy-Krawallstreifen „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ war ihm peinlich.
Connery, der „Sexiest Man“ des Jahrhunderts
Dass das „People Magazine“ ihn 2000 zum „Sexiest Man“ des Jahrhunderts wählte, nahm Connery im Alter von 69 Jahren unkommentiert zur Kenntnis. Seine raue Männlichkeit fütterte sein Image als verführerischer Kerl mit harter Hand, und dass ihm mit 70 im Film noch eine Frau wie Catherine Zeta-Jones verfallen würde, kaufte man ihm einfach ab. Der smarte Charme eines George Clooney, der sich in diesem Jahrhundert Hoffnungen auf den Titel machen darf, ging ihm völlig ab: Connery war der Dominator uralter Schule, und sein Bekenntnis in einem Playboy-Interview 1968, wonach „eine Ohrfeige für eine Frau gerechtfertigt“ ist, „wenn es keine anderen Möglichkeiten mehr gibt“, stammt aus der Macho-Zone, in der er sich zumindest in diesen Jahren bewegte.
Entsprechend stöhnte Bond-Autor Ian Fleming, als ihm die Produzenten 1960 den 1,89 Meter langen, durchtrainierten Kerl mit den Tätowierungen „Mum and Dad“ und „Scotland Forever“ als Darsteller seines weltgewandten Agenten vorstellte. Fleming dachte eher an einen Gentleman wie Cary Grant als an einen Sportler, der bei den Wahlen zum Mr. Universum mal Platz drei belegt hatte.
Die erste Bond-Gage: 6000 Pfund
Doch Connery, Sohn eines Fabrikarbeiters und einer Putzfrau, hatte sich zwar als Navy-Soldat, Sargpolierer, Milchmann und Aktmodell verdingen müssen, ehe er mit der Schauspielerei begann, aber mit seinem Selbstvertrauen überrollte er die Produzenten. „Wir haben nie einen arroganteren Hurensohn gesehen“, erinnerte sich Albert Broccoli später. Connerys Lohn: 6000 Pfund. Für seinen sechsten und letzten „offiziellen“ Bond „Diamantenfieber“ kassierte er zehn Jahre später das 165fache.
So sehr er diesen Bond verfluchte – die Arbeit an der Rolle verlangte Qualitäten, die man heute leicht unterschätzt. Sein 007 verband das Spielerische im Angesicht des Todes mit brutaler Härte und einer raubkatzenhaften Eleganz in der Bewegung, seinen Anflug von Sadismus im Lächeln entschärfte er mit Ironie, und gröbste Anzüglichkeiten bei schönen Frauen garnierte er mit der wunderbarsten Unschuldsmiene. Was ihm keiner mehr in dieser Rolle nachmachte.
Nein, Sean Connery heißt nicht Bond, James Bond, weil er viel mehr ist. Aber für uns darf er es bis in alle Ewigkeit bleiben.