Dover.. Hoher Plastikkonsum, Überfischung, Klimawandel - all das verändert die Weltmeere. Der Abenteurer will das öffentlich machen, erklärt er im Interview.

Vier Wachen in Schichten, zwischendurch Mahlzeiten zubereiten. Alltag auf der „Dagmar Aaen“, dem Segelschiff des deutschen Polarexperten Arved Fuchs. Mit einer zehnköpfigen Mannschaft ist er von Hamburg aus Richtung Antarktis aufgebrochen. Rund zwei Jahre soll die Reise dauern. „Ich bin auf hoher See, Land ist in Sicht, wir müssen uns beeilen, wegen des Handyempfangs“, sagt Fuchs bestimmt. Während er auf seinem Haikutter Richtung England den Ärmelkanal passiert, spricht der Polarforscher mit Dagmar Hornung über sein Schiff, die neue Expedition und den Reiz der hohen Breiten.

Sie sind in der vergangenen Woche gestartet, wie verläuft die Fahrt bis jetzt?

Arved Fuchs: Wir haben super Wetter und kommen gut voran, gerade haben wir Sicht auf die Niederlande. Mit Stop in England möchten wir weiter über die Biskaya, Portugal und Frankreich passieren.

Arved Fuchs, der Name steht für den Experten, aber auch für den Abenteurer in Ihnen – oder warum sonst unternehmen Sie Ihre Expeditionen mit einem alten Segelschiff?

Fuchs: Die „Dagmar Aaen“ ist ein ehemaliges Fischereischiff, bereits 1931 in Betrieb genommen; optisch ein traditionelles Segelschiff, unter Deck aber haben wir alle wichtigen Geräte für Forschungsaufzeichnungen. Nebenbei liefern wir zum Beispiel Daten für den Deutschen Wetterdienst. Zudem ist der Kutter sehr wendig, hat geringen Tiefgang – so kann er in Buchten vordringen, wo große Schiffe nicht hinkommen. Und das Schiff ist Sympathieträger: Wenn wir auf eingeborene Bevölkerung treffen, erleichtert es die Kontaktaufnahme – es schafft Aufmerksamkeit, auch für die Ziele der Expeditionen.

Und das sind in den kommenden zwei Jahren gleich mehrere...

Fuchs: Ja, unter dem Projektnamen „Ocean Change“ verbirgt sich einiges. In der größten Naturlandschaft, die wir haben, kommt es zu Veränderungen, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit passieren. Eine Ursache ist die hohe Belastung der Meere durch Plastikmüll. Kleinstteile, sogenanntes Granulat, wird von Fischen gefressen und landet auf unseren Tellern. Ein weiteres Problem sind fossile Brennstoffe. Die Ozeane kann man sich als riesige CO2-Speicher vorstellen. Das aber verändert die chemische Zusammensetzung des Wassers – mit Auswirkungen auf Flora und Fauna. Weiterhin ist auch Überfischung ein Thema. Im großen Stil mit riesigen Industrietrawlern betrieben hat sie nicht nur Folgen für den Artenbestand, sondern auch für kleinere Betriebe.

Außerdem geht es auch um dokumentarische Themen. Bei Kap Hoorn unterstützen wir ein Pinguin-Projekt, aber Kap Hoorn ist auch ein Mythos, war unter Seglern gefürchtet. Genau 400 Jahre nach der ersten Umseglung werden wir voraussichtlich dort sein.

Der Mensch also bringt das Ökosystem Meer aus dem Gleichgewicht – und das zum Teil unbewusst. Welchen Appell würden Sie an uns alle richten?

Fuchs: Zum Thema Plastik: Wenn ich mal so rund zehn Jahre zurückdenke, da war es schon fast verpönt, Plastiktüten zu benutzen. Wir müssen von dem aktuell inflationären Gebrauch von Plastik wieder zurück. Das gilt aber nicht nur für Industriestaaten, sondern auch für Schwellen- und Entwicklungsländer, die große Müllmengen produzieren. Bewusstsein für den Umgang mit Plastik muss – wieder und neu – geschaffen werden.

Unter anderem durch Ihre Expeditionen, die Aufmerksamkeit erregen. Aber woher kommt Ihre persönliche Faszination für Seefahrt und die Polarregionen?

Fuchs: Aufgewachsen bin ich mit den Geschichten der großen Seefahrer, und die Faszination hat bis heute nicht nachgelassen. Besonders die hohen Breiten haben es mir angetan. Dort gibt es nicht nur Schnee und Eis, sondern faszinierende Naturlandschaften. Wer einmal in diesen Regionen war, den lässt das nicht mehr los.