Köln. . Der Sender hat seine Kreativen ermuntert, neue Ideen zu entwickeln. Sie sind eine ganze Menge – wie „Meuchelbeck“ und „Die Mockridges“.
So also sieht Jugend-Stil aus: eine Szene-Bar im Retro-Design, keine Krawatten, mehr Du als Sie. Hinter der Inszenierung steckte Absicht: Der WDR stellte am Freitag in der angesagten Kölner „Wohngemeinschaft“ seine „Programmoffensive“ vor.
Dabei setzt der Sender aufs volle Pfund: Ab Montag, 24. August, werden 14 Tage lang frische Formate präsentiert – fast 20. Erklärtes Ziel: Der WDR will Zuschauer zwischen 35 und 55 locken, ja binden. Derzeit legt der Sender beim Publikum über 65 zu. Berufstätige hingegen schalten zunehmend weg, von der Generation Pickel & Akne ganz zu schweigen.
Vorzeigeprojekt mit Micky Beisenherz und Oliver Polak
Im Vordergrund steht Unterhaltung. Beim WDR soll das Publikum mehr zu lachen haben. Dabei gibt es einige Vorzeigeprojekte.
„Meuchelbeck“ – Start: 24. August, 20.15 Uhr – fängt da an, wo „Mord mit Aussicht“ aufhört. Mag der Schauplatz Niederrhein flach sein – der Humor der neuen Serie ist es nicht. Im Gegenteil: Der WDR will sich Groteskes, Absurdes, auch Makabres gönnen – durchaus nach britischem Vorbild.
„Die Mockridges“ – Vater Bill („Lindenstraße“), Gattin Marge sowie Sohn und Jung-Comedian Luke spielen Alltag nach Drehbuch; „Pastewka“ von Sat.1 lässt grüßen. So sehr, dass sogar Gastauftritte anderer Comedians vorgesehen sind. Ingmar Stadelmann gehört dazu – und der Iserlohner Alt-Star Jochen Busse.Los geht’s am 28. August.
„Das Lachen der Anderen“ trägt den Untertitel „Comedy im Grenzbereich“ (ab 24. August). Tatsächlich leben die Comedians Micky Beisenherz („Dschungelcamp“) und Oliver Polak eine Zeitlang in Milieus, die ihnen fremd sind. Eine Folge spielt in einer Öko-Gruppe, eine andere unter Multiple-Sklerose-Kranken. Ihre Erfahrungen hält ihnen das Comedy-Duo in launigen Bühnen-Nummern vor. Ob die Porträtierten das genauso witzig finden wie die Autoren?
Gemeinsam ist vielen Vorhaben, das sie das alte Medium Fernsehen mit jungen Inhalten füllen wollen. Es gibt aber auch Ideen, die Material aus dem Internet für TV-Beiträge nutzen. Eine davon: „#Weltuntergang – Der Sommer, der ins Wasser fiel“. Das Pfingst-Chaos von 2014 wird in einer Dreiviertelstunde zusammengefasst – so wie es die Internet-Gemeinde erlebte. Christian Dassel und Clemens Gersch haben beeindruckene Kurzvideos zusammengetragen, die eine Ahnung davon geben, wie sich ein Unwetter anfühlt.
Orchester intoniert Fußball-Hymnen
Noch crossmedialer ist der Ansatz der „Kurvenklänge“. Dafür wurde das WDR-Funkhausorchester kurzerhand in die Fan-Kurven der NRW-Bundesligaclubs verfrachtet, um mit Fußballverrückten die jeweiligen Vereinshymnen zu intonieren. Das ist cleveres Marketing in vieler Hinsicht. Der WDR demonstriert Nähe zum Fußball in der Region. Die clipartigen Beiträge sind eher fürs Netz als für Radio und Fernsehen konzipiert. Und obendrein demonstriert der Sender, wie publikumsnah die sündteuren WDR-Klangkörper sein können.
Drei Millionen ließ der Intendant springen
Intendant Tom Buhrow spendierte der hauseigenen Innovationsgruppe um Martin Hövel drei Millionen Euro. Insgesamt koste der Spaß, so Fernsehchef Jörg Schönenborn, knapp fünf Millionen Euro. Wichtig war beiden, dass über eine Fortsetzung von Formaten nicht allein die Quote entscheidet. Eine Publikumsbefragung gehört dazu – und, ganz wichtig, das Echo der Ideen in den sozialen Netzwerken, Kommentare wie Verlinkung.
Nebenher sandten Buhrow und Schönenborn die Botschaft an die Mitarbeiter aus: Selbst in Zeiten knapper Kassen soll Wagemut belohnt werden.