Hamburg. . Japan-Korrespondent Klaus Scherer ist auf Spuren-Suche gegangen. Sein Film kratzt am Mythos des guten Krieges der Amerikaner.
Amerikaner haben den Zweiten Weltkrieg lange als guten Krieg gegen einen bösen Feind gesehen. Selbst die beiden Atombomben auf die japanischen Großstädte Hiroshima und Nagasaki änderten nichts an dieser Ansicht. Japan, so lautete die offizielle Version bisher, hätte nicht anders zum Aufgeben gezwungen werden können. Wirklich? Inzwischen mehren sich Zweifel. Die ARD-Doku „Nagasaki“ des langjährigen Japan-Korrespondenten Klaus Scherer nimmt sie auf. Mehr noch: Er will wissen, warum die zweite Bombe fiel, die auf Nagasaki.
Der Chor der Überlebenden
Der Film im Ersten bietet Geschichtsfernsehen im besten Sinne. Scherer ist ein guter Geschichtenerzähler. Er hält sich nicht groß mit Statistik auf und zeigt von Anfang an, dass Geschichte immer mit Menschen, mit Schicksalen zu tun hat. So lässt er gleich zu Beginn zwei Überlebende zu Wort kommen, jeweils mit einer tragischen Geschichte und der Szene eines glücklichen Zufalls. Diese Emotionalisierung ist nicht nur zulässig – sie ist sogar erforderlich, um beim Publikum Mitgefühl für die Opfer eines der verheerendsten Kriegsangriffe aller Zeiten zu wecken. Scherer bedient sich Gott sei Dank nicht süßlicher Streicher, um Betroffenheit zu erzeugen. Vielmehr lässt er den Chor der Überlebenden singen, die die Vernichtung einer ganzen Stadt in der kollektiven Erinnerung der Welt halten wollen.
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Scherer hat sich aber auch aufgemacht, um in den USA Spuren zu suchen. Er brachte den letzten noch lebenden Soldaten der damaligen Atombomben-Eliteeinheit zum Sprechen, der noch heute mit einer gewissen Wurstigkeit über den Angriff des Grauens spricht.
Warum kehrte Truman Stalin den Rücken?
Erschreckend ist aber auch, mit welch naiver Unbefangenheit die Bombenbastler in Los Alamos, US-Staat New Mexiko, mit dem tödlichen Kampfstoff Plutonium zu Werke gingen.
Doch wirklich spannend macht den Film, dass er über die Befragung von Zeitzeugen hinausgeht. Scherer skizziert, dass US-Präsident Harry Truman zunächst mit Sowjet-Diktator Stalin paktieren wollte, dann aber einen überraschenden Kursschwenk vornahm. Warum? Scherer recherchierte in Militärarchiven und sprach obendrein mit zwei ausgewiesenen Experten, Peter Kuznik und Martin Sherwin. Ihre Thesen erschrecken.
Fazit: Geschichtsfernsehen in Bestform.
Montag, ARD, 23.45 Uhr