Essen. Das Internet hat auch in Kraftfahrzeugen Einzug gehalten. Es gibt viele Hilfen, die durchaus sinnvoll sind. Experten warnen aber vor Datenmissbrauch.

Lange Zeit war das Automobil eine nahezu internet- und computerfreie Zone. Abgesehen vom Navigationsgerät, der Musikanlage und vom kleinen Bordcomputer, der Angaben über Spritverbrauch oder die mögliche Reichweite macht, hat die Informationstechnologie kaum Einzug in den Fahrgastraum gehalten. Doch das ändert sich – und zwar rasant. Das vernetzte Auto ist für die Automobilindustrie inzwischen eines der zentralen Zukunftsthemen. Nach einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey aus dem vergangenen Jahr kommt für 13 Prozent der Verbraucher, die ein neues Auto kaufen möchten, ein Fahrzeug ohne Internetanschluss überhaupt nicht mehr in Betracht.

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Überdies würden 20 Prozent der Kunden die Marke wechseln, wenn sie bei einem anderen Hersteller bessere Internet-Angebote erhalten. Ist das viel diskutierte autonome Fahren derzeit noch Zukunftsmusik, spielen laut Mc-Kinsey-Studie für Verbraucher aber schon jetzt „Angebote wie Echtzeitwartungsinformationen, ortsbasierte Empfehlungen, dynamische Stauprognosen oder Musikstreaming eine zunehmend wichtige Rolle.“ Ein kleiner Überblick.

Technische Voraussetzungen

Mal eben kurz die Mails checken, Nachrichten auf Facebook abrufen, nach freien Parkplätzen via Computer suchen, die Lieblingsmusik streamen, den Wetterbericht ordern und, und, und: Nicht nur die Premiumhersteller bieten inzwischen umfangreiche IT-Dienste und sogenannte Infotainment-Pakete für ihre Fahrzeuge an, die dem Fahrer das Leben leichter und angenehmer machen sollen – in der Regel als Sonderausstattung zu teilweise üppigen Aufpreisen. Die Nutzung der Dienste ist in den ersten ein bis zwei Jahren überwiegend kostenfrei, danach fallen je nach Hersteller allerdings unterschiedlich hohe Gebühren für die Nutzung und auch für Updates an. „In diesem Bereich gibt es sehr viele sinnvolle Dinge, die die Fahrsicherheit erhöhen, allerdings auch eine ganze Menge, die wir kritisch sehen“, sagt Hubert Paulus, Sicherheitsexperte beim ADAC.

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Technische Voraussetzung für das vernetzte Auto ist laut Paulus eine SIM-Karte für das Fahrzeug (und zudem eine Dachantenne), um ins Mobilfunknetz zu gelangen. Smartphone oder Tablet können dann über das im Auto eingebaute Mobilfunkmodul direkt mit dem Fahrzeug vernetzt werden.

Zwar gibt es jede Menge Apps für Smartphone und Co., die ebenfalls verschiedene Dienste für den Fahrer anbieten, der Empfang im Auto ist wegen der Fahrzeugkarosserie aber häufig eingeschränkt.

Überdies ist es möglich, einen sogenannten WLAN-Hotspot aufzubauen, in den sich beispielsweise Mobilfunkgeräte der Mitfahrer einloggen können, um während der Fahrt über UMTS- oder LTE-Netze zu surfen. Diese Technik lässt sich übrigens auch in älteren Autos nachrüsten. Die Pakete inklusive Außenantenne sind ab 150 Euro aufwärts erhältlich.

Sicherheitsaspekte

Das Surfen im Internet oder Telefonieren während der Fahrt ist für viele Sicherheitsexperten das Grauen schlechthin. Einige Hersteller haben aber vorgesorgt: So ist der Zugriff auf verschiedene Apps und Internetdienste, die nicht der Fahrsicherheit dienen, bei rollenden Fahrzeugen nur eingeschränkt oder gar nicht möglich. Dennoch bleibt die Ablenkung durch die Segnungen des Internets auch im Auto groß. „Vor allem Apps, die ausschließlich dem Komfort dienen, etwa die Suche nach einem Restaurant, halten wir für problematisch. Das Unfallrisiko ist einfach zu hoch“, sagt Wolfgang Paulus.

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Als überaus sinnvoll erachtet der ADAC-Experte hingegen das automatische Notrufsystem „E-Call“, das 2018 in alle neuen Modelle von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen eingebaut werden muss, aber schon jetzt in vielen Fahrzeugen zu finden ist. Bei einem Verkehrsunfall setzt das System automatisch einen Notruf ab, um rasch Rettungsmaßnahmen einzuleiten. „Es gibt aber noch weitere sinnvolle internetbasierte Dienste: Zum Beispiel viele Wartungsprogramme, die etwa eine Erneuerung der Bremsscheiben empfehlen und die Werkstatt informieren, um einen Termin zu vereinbaren“, sagt Paulus.

Bei anderen Features, die etwa der Bequemlichkeit dienen, sollte sich der Fahrer hingegen fragen, ob er sie denn wirklich braucht. Der ADAC-Sicherheitstechniker nennt ein Beispiel: Das Öffnen der Fahrzeugtür mit dem Smartphone. „Wenn ich das mit meinem Handy machen kann, dann kann es der Hacker auch.“ Wer einen solchen Dienst nicht möchte, sollte ihn herausprogrammieren lassen, sagt Paulus und rät, beim Autokauf auch auf die Datenschutzerklärung im Kleingedruckten zu achten. Denn in der Zukunft werden noch größere Datenmengen anfallen. Autos werden mit anderen Autos kommunizieren, Sensoren werden unzählige Fahrzeugdaten erfassen – und manche sind von durchaus sensibler Natur, wenn sie etwa die Fahrweise aufzeichnen oder den Aufenthaltsort verraten. „Die Automobilhersteller stehen im Bereich des Datenschutzes und der Sicherheit vor einer ähnlich großen Herausforderung wie die Banken bei der Einführung des Onlinebankings“, sagt Paulus. „Wir fordern die Hersteller deshalb auf, der Datensicherheit die höchste Priorität einzuräumen.“