Calais. Der Streit um eine Fährverbindung zwischen Calais und Dover eskaliert - mit Folgen. Der Verkehr zwischen London und dem Kontinent steht still.
Eine Protestaktion in Frankreich hat den Verkehr durch den Eisenbahntunnel unter dem Ärmelkanal lahmgelegt. Im Eurotunnel-Terminal von Calais seien zeitweise Demonstranten auf die Gleise gelangt und hätten Reifen angezündet, sagte ein Sprecher des Betreibers Eurotunnel. Die Strecke wurde daher am Dienstagnachmittag in beide Richtungen für den Bahnverkehr gesperrt. Der Zugbetreiber Eurostar teilte auf seiner Website zunächst mit, dass der Zugverkehr für den Rest des Tages ausfalle.
Bei den Demonstranten handelt es sich den Angaben des Eurotunnel-Sprechers zufolge um Angestellte des Fährbetreibers MyFerryLink, der mit Schiffen von Eurotunnel einen Service zwischen Dover und Calais betreibt. Sie streikten am Dienstag und protestierten auch mit weiteren Aktionen gegen den Verkauf von zwei Schiffen an einen dänischen Wettbewerber.
Grund ist die Marktherrschaft von Eurotunnel
Dies hatte Eurotunnel Anfang Juni angekündigt. Hintergrund ist eine Entscheidung der britischen Wettbewerbsbehörde CMA: Diese hatte bemängelt, dass Eurotunnel mit drei Fähren und der Zugverbindung mehr als die Hälfte des Verkehrs zwischen Dover und Calais kontrolliere.
Bereitschaftspolizisten vertrieben die Demonstranten unter anderem mit Tränengas, wie die französische Nachrichtenagentur AFP meldete. Der Eurotunnelsprecher sagte am frühen Abend, die Strecke müsse nun noch auf eventuelle Schäden untersucht werden, bevor sie wieder für den Verkehr freigegeben werden könne.
Britischen Medien zufolge versuchten zahlreiche in Calais gestrandete Flüchtlinge, das aus dem Streik resultierende Verkehrschaos auszunutzen und auf wartende Lastwagen mit Ziel Großbritannien zu klettern. Das Londoner Außenministerium riet Reisenden, Türen ihrer stehenden oder langsam fahrenden Autos abzuschließen.
In Calais sammeln sich seit Jahren Flüchtlinge, die versuchen, nach Großbritannien zu gelangen. Zurzeit leben schätzungsweise 2500 bis 3000 Menschen unter schwierigen Bedingungen in einem Brachland, dem "neuen Dschungel von Calais". Hilfsorganisationen sprechen von einer humanitären Katastrophe. An den Zufahrtsstraßen zum Hafen und zum Eurotunnel-Terminal ist daher häufig ein Katz-und-Maus-Spiel zu beobachten: Sobald sich Lastwagen zurückstauen, klettern Flüchtlinge auf die Wagen - und Bereitschaftspolizisten holen sie wieder herunter. (dpa)