Berlin. Der erste Besuch seit 50 Jahren: Berlin ist „amused“. Aber die Visite beginnt für die 89-Jährige und ihren Gemahl altersbedingt unspektakulär.

Sie trägt Dauerwelle, mag Hunde, liebt gelbe Rosen und trinkt vor dem Zubettgehen gerne mal einen Martini. Allüren? Fehlanzeige. Und auch als Berlinbesucherin macht „Her Majesty“ nichts Exzentrisches, sondern das, was auch viele andere gerne machen: Eine Bootsfahrt auf der Spree und später ein bisschen Small Talk auf der Gartenparty eines guten Bekannten.

Heute Abend kommt die Queen zusammen mit Prinz Philip nach Deutschland – legt aber erst mal die Beine hoch: Das offizielle Programm des Staatsbesuchs beginnt am Mittwochmorgen, am ersten Abend wollen die 89-Jährige und ihr 94-jähriger Ehemann in ihrer Suite am Brandenburger Tor Kräfte sammeln für den dreitägigen Besuchsmarathon.

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Genau 50 Jahre ist der erste Staatsbesuch von Elizabeth II. in Deutschland her. Die deutsche Kanzlerin war da noch ein Kind, Premierminister David Cameron noch nicht mal auf der Welt. Heute hängt viel ab von den beiden Regierungschefs: In Europa geht seit Monaten das Gespenst des „Brexit“ um – die euroskeptischen Briten spielen offen mit dem Gedanken, die EU zu verlassen.

Der Staatsbesuch der Queen ist kein zufall

Am Mittwoch trifft Angela Merkel erst die Queen, dann den britischen Premier: Cameron will die Briten bis 2017 über den Verbleib in der EU abstimmen lassen – sollte es keine Reformen im Sinne Großbritanniens geben, droht ein Nein der Briten zu Europa. „Wir freuen uns alle sehr“, sagt Angela Merkel, „dass Königin Elizabeth nach Deutschland kommt.“ Sie sei eine „Zeitzeugin“ der deutsch-britischen Beziehungen. Was so viel heißt wie: „Gut, dass sie gerade jetzt kommt, wo es knirscht.“ Die königliche Visite jedenfalls ist kein Zufall – Dienstreisen der Queen werden traditionell von der britischen Regierung gesteuert.

Wäre nur das Wetter nicht so britisch! Berlin empfängt die Queen heute laut Vorhersage mit Regenschauern und lausigen 16 Grad – auch in den kommenden Tagen wird sich der Staatsgast meteorologisch wie zu Hause fühlen. Ob es am Ende „Cats and Dogs“ regnet, wenn Bundespräsident Joachim Gauck die Queen am Mittwochmorgen nach der Begrüßung im Schloss Bellevue zur Bootsfahrt einlädt? Ausreichend Schirme jedenfalls haben sie an Bord des Spreedampfers deponiert – schon wegen der royalen Dauerwelle.

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Der Rest des Tages verläuft überdacht, aber so eng getaktet, dass den Leuten vom Protokoll die Schweißperlen auf der Stirn stehen werden: Die Queen besucht Merkel im Kanzleramt, legt einen Kranz für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft nieder und fährt quer durch die Stadt zur Technischen Universität, um sich die „Queen’s Lecture“ anzuhören – eine Vorlesungsreihe, die die junge Elizabeth bei ihrem ersten Berlin-Besuch vor 50 Jahren gestiftet hatte. Redner ist Neil MacGregor, britischer Museumsexperte, der in den nächsten Monaten das Humboldtforum im wieder aufgebauten Berliner Stadtschloss mit Ideen füllen soll. Abends: Staatsbankett. Wieder mit Merkel, Gauck und Cameron.

Fish & Chips und 50 Liter Gin

Am Donnerstagabend soll es sonniger werden, zum Glück. Der britische Botschafter wäre „not amused“, würde seine Gartenparty zu Ehren ihrer Majestät im märkischen Matsch versinken. Traditionell wird der Geburtstag der Queen, eigentlich am 21. April, mit Rücksicht auf das Wetter im Juni nachgefeiert – in diesem Jahr hat Sir Simon McDonald das Geburtstagskind und rund 700 Gäste in seine Residenz eingeladen. Es gibt „Fish and Chips“ in Zeitungstütchen und 50 Liter britischen Gin-Likör „Pimm’s“ – für die Cocktailbar.

Für die Queen ist es der fünfte Staatsbesuch in Deutschland – und wie schon beim letzten Mal vor elf Jahren übernachtet sie wieder in der 200 Quadratmeter großen Präsidentensuite im Hotel Adlon. Mit Panoramablick aufs Brandenburger Tor, Butler, gebügelten Zeitungen, Blumenschmuck in Gelb und Pastellfarben.