Köln. . Der WDR bat Menschen in NRW, sich bei der Arbeit zu filmen. Das Echo verblüffte. Und der Doku gelingt das Kunststück, auch ein bisschen zu unterhalten.

Kann Alltag spannend sein? Kann Arbeit Unterhaltung bieten? Können private Jedermann-Videos ein größeres Publikum interessieren? Erstaunlicherweise lautet die Antwort in allen drei Fällen: ja. Den Beweis dafür liefert die einstündige WDR-Doku „Deine Arbeit, Dein Leben!“.

Aber der Reihe nach. Die Generation YouTube stellt das vergleichsweise alte Medium Fernsehen vor neue Herausforderungen. Der WDR sieht die Video-Plattform, auf der sich Alltagsmenschen in kurzen Clips gern selbst inszenieren, als Anregung für eigene Produktionen. Bei dem Projekt „Deine Arbeit, Dein Leben!“ rief der öffentlich-rechtliche Landessender im vorigen Spätsommer Menschen in NRW auf, sich bei der Arbeit selbst zu filmen. Smartphones und Videokameras machen’s möglich. Das WDR-Fernsehen bot sich als Mitmach-Medium an – eine Geste, die die Bindung zwischen Sender und Publikum festigen kann. Das Echo überstieg die Erwartungen der Verantwortlichen.

Das Lebensgefühl von neun Millionen Beschäftigten

Naturgemäß kam ein Wust von Material zusammen, meist buchstäblich ungeschminkt und immer lebensecht.

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Grimme-Preisträgerin Luzia Schmid sortierte und gliederte die Bilder – und heraus kam ein vielfarbiges Kaleidoskop, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, aber dennoch einen tieferen Einblick in das Lebensgefühl der neun Millionen Beschäftigten zwischen Rhein und Weser gibt.

Luzia Schmid gelang es, einerseits Alltägliches mit großem Wiedererkennungswert herauszuarbeiten. Andererseits hatte die Filmemacherin einen feinen Blick für das Besondere und das Kuriose, für das Nachdenkliche und das Emotionale.

Obstkörbe für ein gutes Gefühl

So ist der 77-jährige Laster-Fahrer Dieter Haupt aus dem münsterländischen Bocholt der lebende Gegenbeweis für die Annahme, dass Videos lediglich eine Angelegenheit junger Leute seien. Der alte Herr fährt Nachtschicht, gern mit einer Zigarre zwischen den Zähnen. Bastian Risse aus Holzwickede hingegen dient als Musterbeispiel für den jungen, dynamischen Beschäftigten. Er nennt sich „Feel Good Manager“. Seine Aufgabe besteht darin, seine Kollegen in einer Internet-Firma bei Laune zu halten: mit Sport, mit Partys und – man höre und staune! - mit Obstkörben. Tierpflegerin Vanessa Hagedorn aus dem Wuppertaler Zoo beschert der Doku einen emotionalen Moment, in dem mit gerührter Stimme feststellt: „Morgens ist die schönste Stimmung des Tages.“ Die ganze Szene atmet entspannte Lässigkeit.

Luzia Schmid und ihr Kollege Rudi Heinen montierten das Material zu einem clever rhythmisierten Bilder-Fluss ohne Untiefen.

Projekt wird im Internet und im Hörfunk begleitet

Als Sendetermin für einen Film über Arbeit drängte sich der 1. Mai geradezu auf. Glücklicherweise fällt der Tag der Arbeit auf einen Freitag, und freitags zeigt der WDR üblicherweise Dokus und Reportagen, die das Wir-Gefühl im größten deutschen Bundesland streicheln.

Das Projekt wird aber nicht nur über das gute, alte Fernsehen unters Volk gebracht. Es wird zeitgeistig begleitet durch Internet-Aktionen. Beispielsweise gibt es parallel zur Film-Ausstrahlung einen Live-Chat im Netz („deinearbeit.wdr.de“). Überdies bieten 1Live und WDR Nachteulen eine Hörfunk-Fassung (1. Mai, 23.05 Uhr).

Fazit: Multimedialem Projekt gelingt überzeugende Balance zwischen Information und Unterhaltung.

Freitag, 1. Mai, WDR, 20.15 Uhr