Port Vila.
Übrig ist verbeultes Wellblech, um das tosendes Wasser spült. Menschen waten mit ihrem letzten Hab und Gut in einer Plastiktüte durch knietiefes Wasser. Notdürftige Zeltunterkünfte stehen inmitten von Schutt und Dreck. Mit gnadenloser Gewalt ist „Pam“, einer der mächtigsten Zyklone aller Zeiten, über Vanuatu im Südpazifik gezogen. Und hat zerstört, was ihm im Wege stand.
Der Inselstaat, drei Flugstunden von Brisbane in Australien entfernt, wurde vor ein paar Jahren von einer Umweltstiftung zum „glücklichsten Platz der Welt“ gekürt. Er macht bis heute Reklame damit, zu Bildern langer Sandstrände und tropischer Regenwälder. Dabei sind die Menschen Katastrophen gewohnt, Erdbeben und Vulkanausbrüche etwa.
„Ein Bild absoluter Verwüstung“, schildert nun Chloe Morrison vom Hilfswerk World Vision. Und das ist nur ein Eindruck aus der Hauptstadt Port Vila. Wie es auf den entlegenen Inseln aussieht, wagt man sich kaum auszumalen. Sie sind abgeschnitten, es funktioniert kein Handy, niemand hat Kontakt. Zehntausende Menschen leben dort, viele in Küstennähe.
Morrison spricht von einer Nacht des Terrors. Sie überstand sie in einem Betonhaus, nur ein paar Fenster gingen zu Bruch. „Der Wind war unendlich laut und hörte sich an wie Ozeanwellen, die an den Strand krachen“, berichtet sie. „Vor meinem Haus landete ein Dach, das ist mindestens 50 Meter durch die Luft geflogen.“ Tausende Menschen verbrachten die Nacht in 23 Notunterkünften.
Ein paar Einwohner wagten sich am Morgen auf die Straße. „Es war gespenstig ruhig“, sagt Morrison. Als hätten die Leute nicht fassen können, was ihre Augen sahen: Tausende Häuser sind dem Erdboden gleichgemacht. Aber als allererstes habe sich jeder um den Nachbarn gekümmert: „Das ist typisch, die Leute halten zusammen hier“, sagt sie.
Es tauchen erste Videos von der Hauptinsel Efate auf: Sie zeigen Menschen in Strandnähe unter meterhoher Gischt, Palmen, die sich fast waagerecht biegen und peitschenden Regen. Dächer liegen in den Straßen, Bäume sind entwurzelt, Strommasten umgeknickt. „Als wäre eine Atombombe hochgegangen“, schildert der Neuseeländer Malcolm Whitlock die Lage einem Fernsehsender in seiner Heimat. „Wir hoffen, dass bald Hilfe kommt.“
„Sämtliche Vegetation in und um Port Vila liegt flach, Telefon- und Strommasten liegen auf der Straße“, berichtet Christopher Bartlett, Leiter des Büros der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). „Man konnte in den ersten 36 Stunden kaum aus dem Haus, weil Stromkabel abgerissen über den Straßen hingen.“
90 Prozent der Häuser in der Stadt mit 44 000 Einwohnern seien beschädigt, bis zu 20 Prozent zerstört, schätzt Bartlett. „Viele Menschen haben heute begonnen, ihre Dächer zu reparieren und nasse Matratzen und Kleidung in der Sonne zu trocken“, sagte er. „Die Leute können das Ausmaß kaum fassen.“
„Unsere Hoffnung ist zerstört“
Um Fassung ringend bat Vanuatus Präsident Baldwin Lonsdale um Hilfe: „Unsere Hoffnung auf eine blühende Zukunft ist zerstört“, sagte er vor Delegierten einer UN-Konferenz zur Katastrophenvorsorge in Japan. „Ich appelliere im Namen meiner Regierung und des Volkes an Sie, uns eine Hand zu reichen, um mit diesem Unglück fertig zu werden.“
Vanuatus Behörde für Katastrophenschutz bestätigte zunächst acht Todesopfer. Hilfsorganisationen gehen von einer sehr viel höheren Opferzahl aus.