Essen. . Das Hotel ist „strandnah“ – aber was bedeutet das? Die Angaben in Reiseprospekten sind oft schwammig. Doch nicht immer liegt auch ein Reisemangel vor.
Das wird ein Traumurlaub: Ein „zentral gelegenes Hotel“ mit „familiärer Atmosphäre“, dazu noch „strandnah“ und mit einem „beheizbaren Pool“ sollte doch einen erholsamen Urlaub garantieren.
Die Sprache vieler Reisekataloge ist aber nicht unbedingt die Sprache der Reisenden. Urlauber sollten deshalb auch zwischen den Zeilen lesen, um eine große Enttäuschung zu verhindern, raten die Experten der Verbraucherzentrale NRW.
Denn nicht alle geschönten Angaben sind auch unzulässig.
"Ruhig und idyllisch" heißt oft: Pampa
Für Immobilien im Allgemeinen und Hotels im Besonderen gibt es drei wichtige Kriterien: Lage, Lage, Lage! Allein darüber äußern sich die Reiseprospekte zuweilen recht schwammig. Das „zentral gelegene Hotel“ kann nun tatsächlich zentral liegen, ob es jedoch auch ruhig liegt, ist damit nicht gesagt. Wird der Begriff vielleicht durch eine „verkehrsgünstige Lage“, eine „Bushaltestelle in unmittelbarer Nähe“ oder „unmittelbar an der Strandpromenade“ ergänzt, könnte das auf jede Menge Straßenlärm hindeuten.
„Ein Reisemangel liegt vor, wenn eine Angabe in einem Prospekt tatsächlich irreführend ist“, sagt Beate Wagner, Reiserechtsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Die Krux: Die Gerichte urteilen zuweilen sehr unterschiedlich darüber, was in einem Prospekt zulässig ist und was nicht. Deshalb sollten die Beschreibungen genau studiert werden. Der Begriff „strandnah“ etwa kann bedeuten, dass der Reisende schon ein gutes Stück laufen muss, ehe er Sand und Wasser sieht. Präziser scheint die Angabe „10 Minuten bis zum Strand“ zu sein. Nur nutzt sie wenig, wenn nicht auch das Verkehrsmittel angegeben ist: zu Fuß, mit dem Auto, Zug oder Flugzeug?
Apropos Flugzeug: Ein „kurzer Transfer zum Flughafen“ könnte ein Hinweis sein, dass das Hotel in unmittelbarer Nähe des Airports liegt. Ohrstöpsel nicht vergessen!
Sollte die Reise dann auch noch in einen „aufstrebenden Ferienort“ führen, sollte man lärmende Bauarbeiter, Kräne und die Geräusche von Baumaschinen mögen.
Liegt das Hotel „ruhig und idyllisch“ oder „wildromantisch“, kann das Domizil auch weit vom Schuss irgendwo in der Pampa sein.
Was ist eigentlich "Meerblick"?
Fast jeder möchte im Urlaub das Fenster öffnen und vor sich azurblaues Wasser glitzern sehen. Das sollte der Begriff „Meerblick“ garantieren (obgleich das wenig über die Entfernung aussagt). Ist das Zimmer jedoch zur „Meerseite“ ausgerichtet, könnte noch etwas anderes zwischen seinem Hotelzimmer und dem Meer liegen: viele weitere Hotels beispielsweise.
„Das Meer werden Sie wahrscheinlich nicht sehen können“, sagt Beate Wagner. Knifflig ist auch der „seitliche Meerblick“. Möglicherweise erhascht man hier nur einen kleinen Ausschnitt und den auch erst, wenn man sich über die Brüstung des Balkons beugt.
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Die „direkte Lage am Meer“ muss hingegen nicht geschwindelt sein: Vielleicht thront das Hotel nämlich auf einer 100 Meter hohen Klippe oder liegt direkt am Fährhafen.
Wenn "landestypisch" eher "zweckmäßig" bedeutet
Das Zimmer ist „landestypisch“ eingerichtet? Das kann vieles bedeuten, den üblichen Standards entspricht es vielleicht nicht und ist womöglich eher „zweckmäßig“ möbliert. Spartaner fühlen sich hier aber wohl. „Landestypisch“ lässt zudem viele interpretatorische Freiheiten und erstreckt sich eventuell auch auf die Tierwelt: In südlichen Gefilden muss durchaus damit gerechnet werden, Geckos oder Kakerlaken anzutreffen.
Und was ist eigentlich ein „gemütliches“ oder „freundliches Zimmer“? „Das kommt auf die individuelle Betrachtungsweise an, jeder versteht etwas anderes darunter“, sagt Beate Wagner. Ist das Hotel „kinderfreundlich“ oder besitzt es eine „familienfreundliche Atmosphäre“, darf man sich über den möglichen lautstarken Wirbel der kleinen Racker nicht beschweren. Kinderlärm ist Zukunftslärm.
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Obacht auch bei dem Hinweis auf „abendliche Tanzveranstaltungen“. Der Bass der Kellerdisco könnte bis tief in die Nacht wummern.
Und „klimatisierbare Zimmer“ sind wie der „beheizbare Swimming-Pool“: Kann-Bestimmungen. Sie können klimatisiert und beheizt sein, müssen es aber nicht.
Was Veranstalter dürfen - und was nicht
Die Reiseveranstalter müssen ihrer Informationspflicht genügen und verbindliche Angaben in Prospekten machen. Weil es sich dabei aber auch um Werbetexte handelt, sind diffuse Beschreibungen zwar unschön, aber nicht gleich unzulässig.
Reiserechtsexpertin Beate Wagner empfiehlt, schon vor Ort rechtzeitig einen Reisemangel zu reklamieren, damit der Veranstalter die Chance hat, diesen abzustellen. Klappt das nicht, heißt es: Während des Urlaubs Beweise sammeln und nach der Rückkehr aus dem Urlaub die Ansprüche beim Reiseveranstalter (nicht beim Reisebüro) geltend machen – am besten per Einschreiben mit Rückschein.
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Dabei gilt eine Frist von einem Monat nach Reiseende. Neben den konkreten Angaben zum Reisemangel dürfen Buchungsnummer, Reisezeit und Ziel nicht fehlen. Falls der Veranstalter die Ansprüche ablehnt, läuft eine sechsmonatige Frist, in der sich Reisende Rat einholen können – etwa bei der Verbraucherzentrale.