Oberhausen. . Sie hat in ihrer Karriere schon viel ausprobiert. Aber längst noch nicht alles. Für das Musical „Geist der Weihnacht“ schult Jeanette Biedermann auf Engel um. Was die vielseitige Künstlerin über das Weihnachtsfest denkt, verriet sie im Interview.

Sie ist noch nicht lange da, aber sie kennt sich schon aus. Links, rechts, links, dann immer gerade durch. Mit schnellen Schritten eilt Jeanette Biedermann durch die langen Gänge des HDO-Gebäudes am Rande von Oberhausen. Bis sie in einen großen Raum mit weiß gekalkten Wänden und Parkettfußboden kommt. In einer Ecke steht ein großes altes Bett, in der Mitte stapeln sich eingepackte Geschenke. „Hier lerne ich also schweben“, sagt sie.

Das muss sein. Denn Biedermann wird Engel, zumindest vorübergehend. Mit wallendem Gewand, güldenem Haar und Flügeln schwebt sie im Musical „Vom Geist der Weihnacht“ demnächst über die Bühne. Seit 2001 gibt es die Show, in diesem Jahr aber wird sie erstmals nicht nur an einem Ort gespielt, sondern geht auf eine kleine Tournee, die sie von Oberhausen, nach Bremen und Mannheim führt und kurz vor dem Jahreswechsel in Köln endet.

Mehrfach schon hat man sie gefragt in den vergangenen Jahren, „aber nie hat es zeitlich gepasst, immer hatte ich andere Verpflichtungen.“ Dieses Mal nicht. „Und da bin ich nun.“

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Läuterung durch Liebe und nicht durch Angst

Sie hat gerne zugesagt, sie mag die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens, in der der hartherzige Geldverleiher Ebenezer Scrooge, der seinen Schuldnern selbst in der Weihnachtszeit keinen Penny erlässt, unerwarteten Besuch vom Geist seines verstorbenen Geschäftspartners Marley und einem geheimnisvollen Engel erhält.

Wie so viele in Deutschland hat Biedermann zuerst in der Version von Disney kennen gelernt. „Aber so wie das Musical sie erzählt, gefällt mir die Geschichte noch besser“, sagt die 34-Jährige. „Weil Scrooge darin durch Liebe geläutert wird und nicht durch Angst.“

Das ist ganz nach ihrem Geschmack. So wie Weihnachten überhaupt. „Ich liebe diese Zeit.“ Bis auf „diesen Geschenkewahnsinn“. „Das ist irre, darum geht es doch gar nicht. Hauptsache, die Familie ist mal wieder in Ruhe zusammen.“ In ihrem Fall meist in Berlin, unter einem festlich geschmückten Baum bei Kartoffelsalat und Würstchen. „Ist so Tradition bei uns.“

Dieses Mal wird allerdings nur kurz gefeiert, denn schon am ersten Feiertag steht muss sie wieder als Engel auf der Bühne stehen, fit und unverkatert. Denn ein himmlisches Wesen zu spielen ist für Biedermann „schon eine Herausforderung. Ich will, dass die Stimme ganz klar und rein klingt“.

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Die Berlinerin schreibt auch noch Kinderbücher

Ende des Jahres ist es mit Jeanettes himmlischem Ausflug dann erst einmal vorbei. Aber auf der Erde geht es musikalisch weiter. Im Januar soll das zweite Album von „Ewig“ erscheinen, der Band, die sie mit Ehemann Jörg Weisselberg und dem Bassisten Christian Bömkes gegründet hat. Auch sonst dürfte kaum Langeweile aufkommen, denn mittlweile schreibt die Berlinerin ja auch noch Kinderbücher. „Just Heroes“ heißt das dann, und der erste Band war so erfolgreich, dass jetzt eine ganze Reihe daraus werden soll.

Fernsehen, Musik, Musical, Autorin, man ahnt langsam, warum ihre eigene Mutter sie gerne „Miss 100 000 Volt“ nennt. Aber wohin soll der Weg in Zukunft gehen? Biedermann weiß es nicht, will es ach gar nicht wissen. „Man muss sich nicht immer für eines entscheiden“, sagt sie. Man muss auch nicht immer lange reden. „Manchmal muss man einfach nur machen.“