Eibergen. Einschüchterungen, plötzlich abgestellter Strom, harte Anwälte: Wie profitorientierte Investoren aufmüpfige Dauercamper unter Druck setzen.

Cristi Kluivers empfängt im roten Strickmantel und ist immer noch außer sich. Wenige Tage sei es es her, dass frühmorgens fremde Männer vor ihrer Hütte gestanden, Motorsägen angeworfen und Bäume auf Kluivers’ Grundstück abgeholzt hätten. Kahlschlag auf dem Campingplatz. Kluivers kann es nicht fassen, dass ihr Gegner zu solchen Mitteln greife. Sie bittet hinein in die kleine Stube und serviert zur Beruhigung erstmal Hühnersuppe.

Während sie den Teller leer löffelt, erzählt die 72-Jährige, was sich zugetragen hat: „Sie kamen um kurz nach acht und haben die schöne Buchenhecke gefällt, die ich vor 20 Jahren gepflanzt habe. Jetzt kann mir jeder mitten ins Wohnzimmer schauen. Dazu hatten sie kein Recht. Es waren sechs Männer, darunter der Chef des Investors persönlich. Als ich sie zur Rede stellte, filmten sie mich mit dem Handy. Es war eine verstörende Situation.“

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Investoren kaufen immer mehr kleine Campingplätze auf

Kluivers ist kein Einzelfall. Überall in den Niederlanden kaufen Investoren kleinere Campingplätze auf, kündigen langjährigen Bewohnern und errichten anstelle der Wohnwagen und Chalets Ferienhäuser, die sie für Hunderttausende Euro an Betuchte verkaufen. Kluivers’ Verdacht: Der Baumfälltrupp wollte sie einschüchtern. Denn Cristi Kluivers ist die Wortführerin einiger Dauercamper, die sich gegen ihren Zwangsumzug wehren. Die NRZ hat bereits zweimal über sie und den Protest gegen die Metanoia-Gruppe berichtet, die den von Wald umgebenen Platz „De Fontein“ in der Provinz Gelderland zu einem Luxusresort umgestalten will. Der Investor, glaubt die Fotokünstlerin, wolle sie zum Schweigen bringen. „Die möchten, dass ich endlich gehe. Aber so schnell bekommen sie mich nicht klein.“

Der umkämpfte Campingplatz „De Fontein“ in Gelderland: Gemütlich ist es dort längst nicht mehr.
Der umkämpfte Campingplatz „De Fontein“ in Gelderland: Gemütlich ist es dort längst nicht mehr. © Funke FS | Jonas Erlenkämper

Eine, die sich mit solchen Methoden auskennt, ist die Parlamentsabgeordnete Sandra Beckerman. Die 41-jährige Sozialistin trägt den Kampf der Dauercamper ins Regierungsviertel von Den Haag, im Januar verlangte sie von Wirtschaftsminister Dirk Beljaarts (46) offiziell Auskunft darüber, wie er dazu stehe. Die aus Groningen stammende Beckerman hat sich durch ihr Engagement für Wohnmobilisten einen Namen erarbeitet, regelmäßig tritt sie in den Fernsehnachrichten auf. Immer mehr alte Plätze verschwänden, sobald das große Geld locke, klagt die Politikerin. „Und damit Orte, an denen Menschen aus anonymen Stadtvierteln seit Jahren Ruhe und Frieden suchen. Es sind ihre Plätze.“

Investoren wollen Dauercamper zermürben

Eine häufig angewendete Zermürbungsstrategie bestehe darin, „die Dinge eine Weile köcheln zu lassen“. Die Mieter werden im Unklaren gelassen, was mit ihrem Platz passieren wird und wann. Camper berichten davon, dass der Investor ihnen Gas, Wasser und Strom abgestellt habe. Oder dass der neue Eigentümer Absperrungen errichten ließ, sodass die Menschen ihre Bungalows nicht mehr erreichen können. Schikane im Urlaubsparadies. Ein Problem bestehe darin, dass Mieter auf Campingplätzen wesentlich weniger Rechte hätten als Niederländer, die in normalen Häusern leben, so Beckerman. Sie fordert die Regierung auf, Camper rechtlich besserzustellen und sie vor Investoren zu schützen.

In den Niederlanden entfaltet der Kampf gegen die sogenannte Camping-Mafia gesellschaftliche Sprengkraft. Denn in dem dicht besiedelten Nordseeland herrscht Wohnungsnot, weshalb eine politische Debatte darüber entbrannt ist, ob es Menschen mit geringem Einkommen erlaubt werden sollte, in Ferienparks zu ziehen. Bislang dürfen sich Menschen wie Cristi Kluivers dort nur niederlassen, wenn sie anderswo einen Erstwohnsitz nachweisen können.

Im Herbst 2023 protestierten Camper aus dem ganzen Land nahe Nijmegen gegen unliebsame Investoren. Sie skandierten „Niet wijken voor de rijken“ (Den Reichen nicht nachgeben) – organisiert von Sandra Beckerman. Hollands Jeanne d’Arc wird zum Alptraum profitorientierter Projektentwickler.

Camper kaufen ihre Plätze zurück

Es gebe Hoffnung, sagt sie und verweist auf Plätze, deren Übernahmen am Widerstand gescheitert sind. Etwa die an einem See in der Provinz Drenthe gelegene Anlage „Meerzicht“: Erst kaufte das niederländische Unternehmen EuroParcs den Platz. Der Konzern, der in mehreren europäischen Ländern aktiv ist, wollte dort Ferienhäuser für wohlhabende Familien hochziehen. Doch die Camper wehrten sich ein Jahr lang und kauften der genervten Firma den Platz schließlich ab. Camper müssten zusammenarbeiten, so Beckerman. Dann könnten sie etwas erreichen.

Über all das hätte die Redaktion gerne mit der Metanoia-Gruppe gesprochen, die Cristi Kluivers’ Platz in Eibergen so radikal umgestalten will. Wiederholte Interviewanfragen ließ das Unternehmen jedoch unbeantwortet. Stattdessen hat es einen Fachanwalt für Immobilienrecht mit der Sache betraut. Der gibt sich auf der Internetseite seiner Kanzlei als Kettenhund: Er sei dafür da, schreibt er, das Maximum für seine Klienten herauszuholen – auch wenn dafür ein „hartes Vorgehen“ nötig sei.