Auf die Idee, Pferdemist als potenzielle Energiequelle zu untersuchen, kam Saskia Oldenburg bei einem Stallgespräch. “Wir haben uns über meine Forschung unterhalten und eine Reitkollegin hat mich nach einer möglichen Nutzung von Pferdemist gefragt“, erinnert sich die 28-Jährige.

Hamburg (dapd-nrd). Auf die Idee, Pferdemist als potenzielle Energiequelle zu untersuchen, kam Saskia Oldenburg bei einem Stallgespräch. "Wir haben uns über meine Forschung unterhalten und eine Reitkollegin hat mich nach einer möglichen Nutzung von Pferdemist gefragt", erinnert sich die 28-Jährige. Eigentlich promoviert die Ingenieurin für Energie- und Umwelttechnik an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) über die Nutzbarkeit von organischen Abfällen in Biogasanlagen. Nach einer ersten Potenzialanalyse stand das Urteil der Doktorandin fest: Auch Pferdemist kann für die Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden.

In Deutschland gibt es laut dem Bundesumweltministerium rund 900.000 Pferde, die jährlich bis zu 14,5 Millionen Tonnen Mist produzieren. Nur ein kleiner Anteil davon wird als Dünger in der Landwirtschaft genutzt. Problemlos ist die Einspeisung in Biogasanlagen, im Gegensatz zu Gülle von Schweinen und Rindern, aber nicht. "Als Pferdemist bezeichnen wir den gesamten Inhalt einer Box, also Futterreste, Stroh, Sand, Kot und Urin", erklärt Oldenburg.

Gerade langes Stroh und Sand können der Anlagetechnik schaden. Um Pferdemist nutzbar zu machen, arbeitet die 28-Jährige an einem Trennungsmodul, das den bestehenden Anlagen vorgelagert werden könnte. "Durch eine Wasserzirkulation und einen Sandfang trennen wir die Pferdeäpfel von den Störfaktoren. Das herausgefilterte Stroh wird ebenfalls zerkleinert und in die Biogasanlage eingespeist", sagt die Ingenieurin. Ein Verfahren, mit dem sich auch anderer Tiermist filtern ließe, sogar ein Einsatz für Zoos wäre möglich.

10.000 Euro soll der Bau des Prototyps kosten. Statt dafür einen Drittmittelantrag zu schreiben, entschied sich Oldenburg für einen ungewöhnlichen Weg der Wissenschaftsfinanzierung - für das sogenannte Crowdfunding. Übersetzt bedeutet das Finanzierung durch die Masse. Unterstützer können auf der Internetseite www.sciencestarter.de für das Pferdemist-Projekt spenden, die Summe ist frei wählbar. "Ich glaube, dass unser Vorhaben sinnvoll und greifbar genug ist, um die Menschen von einer Spende zu überzeugen", sagt Oldenburg. Auf diese Unterstützung ist die Forscherin auch angewiesen. Crowdfunding funktioniert nämlich nach dem "Ganz-oder-gar-nicht"-Prinzip.

Kommen die 10.000 Euro bis zum Ablauf ihrer Aktion am 20. Februar nicht zusammen, gibt es keinen Cent für den Prototypen. Über ein Scheitern macht sich Oldenburg kaum Gedanken: "Ich habe mir noch keinen Plan B zurechtgelegt. Von der Entwicklung könnten schließlich Pferdebesitzer und Betreiber von Biogasanlagen gleichermaßen profitieren." Ein größerer Reiterhof bezahlt derzeit bis zu 1.000 Euro pro Monat für die Entsorgung von Mist.

Entsorgungskonzepte sind kaum vorhanden und die Nutzbarkeit in der Landwirtschaft ist sehr begrenzt. Auch ausschließlich auf Pferdemist spezialisierte Biogasanlagen gibt es aktuell nur zwei in Deutschland.

Die Nutzung in den laut Bundesumweltministerium derzeit knapp 6.000 Biogasanlagen wäre eine klare Entlastung. Den Betreibern der Anlagen würde gleichzeitig ein neues Substrat zur Verfügung stehen, das verlässlich und kostengünstig entsteht. Aber auch die Umwelt könnte profitieren: Durch eine schnelle Entsorgung werden Treibhausgase reduziert. Außerdem könnte der Anbau von umstrittenen Energiepflanzen wie Mais bis 25 Prozent reduziert werden.

Derzeit machen diese neben Gülle den größten Anteil der in Biogasanlagen eingesetzten Rohstoffe aus. Anders als Abfallstoffe verbraucht ihr Anbau Fläche, die sonst für die Lebensmittelproduktion genutzt werden könnte.

"2,5 Tonnen Pferdemist hat nach unseren Berechnungen ungefähr das Energiepotenzial von einer Tonne Mais. Zur besseren Vorstellbarkeit sage ich immer, eine Handvoll Pferdeäpfel reicht für eine Handyladung", erklärt die Forscherin. Genau die bekommt übrigens auch jeder, der 25 Euro für ihr Projekt spendet. "Für diesen Betrag gibt es eine Führung durch unser Labor, und wer noch 100 Gramm Pferdemist mitbringt, dem laden wir sein Handy auf", sagt sie.

Für 500 Euro gebe es sogar einen Pferdeapfel aus Acryl. Sollten diese Anreize für die Finanzierung ausreichen, wollen die Wissenschaftler schon im Sommer 2013 einen fertigen Prototyp präsentieren.

dapd