Frankfurt/Main. SPD-Chef Franz Müntefering wettert gegen die Finanzwelt, in der es durchaus "Halbstarke, Pyromanen und Gangster" gebe. Angesichts der Finanz-Skandale sorge er sich um die Demokratie. Auch die Linke bedenkt der Sozialdemokrat mit markigen Worten.

SPD-Chef Franz Müntefering hat angesichts der Finanzkrise schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen in den Banken erhoben. Laut Medienberichten sagte Müntefering: «Die meisten sind tüchtig und verantwortungsvoll; aber: Es gibt dort auch Halbstarke, Pyromanen und Gangster.» Einige der Banker hätten nicht mehr gewusst, was sie machten, andere hätten alles riskiert, und Dritte hätten sich ihre Taschen gefüllt, sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung».

Sorge um die Demokratie

Der SPD-Vorsitzende äußerte die Befürchtung, dass so grundsätzlicher Schaden entstehen könne: «Ich bin in Sorge, dass die Demokratie Schaden nimmt, wenn die Menschen befürchten, dass die Politik unverantwortliches Verhalten in der Wirtschaft nicht mehr verhindern kann.» So könnte bei vielen Menschen das Gefühl entstehen, die Demokratie werde gar nicht mehr gebraucht. Müntefering fuhr fort: «Für manche Manager bedeutet Demokratie - auch als Arbeitnehmerrechte - nichts anderes als überflüssige Bürokratie, die den Schwung ihrer Geschäfte bremst.»

Gegenüber der Linken hat Müntefering den Kurs auf Bundesebene noch verschärft. Auch an der hessischen SPD übte er deutliche Kritik vor der Neuwahl des Landtags und riet von Parteiordnungsverfahren gegen die vier Gegner Andrea Ypsilantis aus der alten Landtagsfraktion ab. Zugleich kündigte Müntefering an, er wolle die SPD auch nach der Bundestagswahl im September noch für längere Zeit als Vorsitzender führen.

Linke "sozial romantisch"

Auf Bundesebene vertrete die Linkspartei «eine nationale soziale Politik», wird der SPD-Chef zitiert. Das mache es der SPD unmöglich, im Bund mit der Partei Oskar Lafontaines zusammenzuarbeiten. Dort gebe sie sich «ökonomisch ignorant, sozial romantisch», Europa gegenüber ablehnend, und zudem stelle die Linkspartei «alle Bundeswehrsoldaten, die wir in die Welt entsenden, als aggressive Krieger dar».

Positiver sieht der SPD-Vorsitzende eine Kooperation seiner Partei mit der Linkspartei in den Bundesländern: «Wenn auf Länderebene eine vernünftige Zusammenarbeit klar vereinbart wird zu unseren Bedingungen, ist das in Ordnung», sagte er. Moralische Entrüstung darüber, wie sie die CDU gelegentlich angesichts der DDR-Vergangenheit von Teilen der Linken ertönen lasse, «finde ich jedenfalls verlogen und absurd - auch mit Blick auf die Mitglieder der ehemaligen Blockpartei in ihren eigenen Reihen», fügte Müntefering hinzu.

Rücktritt Ypsilantis begrüßt

Andrea Ypsilanti am Tag ihres Rücktritts. Foto: AP
Andrea Ypsilanti am Tag ihres Rücktritts. Foto: AP © AP

Dass seine Partei in Hessen trotz gegenteiliger Aussagen vor der Landtagswahl 2008 versucht hat, mit Hilfe der Linkspartei eine Regierung zu bilden, sieht der SPD-Vorsitzende aber als schädlich für den Ruf der Politik an. «Den Bruch eines Versprechens, diesen Schaden für die Glaubwürdigkeit von Politik, bekommt man nicht mehr weg. Man kann ihn nur noch begrenzen», wird Müntefering zitiert. Den Rücktritt Ypsilantis vom Partei- und Fraktionsvorsitz begrüßte er mit den Worten: «Andrea Ypsilanti hat für dieses Ergebnis die Verantwortung übernommen. Das war konsequent.»

Ausschlussverfahren gegen die vier ehemaligen hessischen Landtagsabgeordneten, die sich geweigert hatten, Ypsilanti zur Ministerpräsidentin zu wählen, lehnte Müntefering ab. «Parteien müssen das freie Mandat achten und dürfen es nicht in Frage stellen. Deswegen ist mein Rat immer gewesen, solche Konflikte nicht durch Parteiordnungsverfahren zu bereinigen», sagte er.

Seine Aufgabe an der Spitze der Sozialdemokraten werde mit der Bundestagswahl im September nicht beendet sein, hob Müntefering hervor. Das Amt des SPD-Vorsitzenden habe er wieder übernommen, um dabei mitzuhelfen, «dass Frank Steinmeier Kanzler wird». Müntefering fügte laut Vorabmeldung hinzu: «Und ich will Vorsitzender sein über das Jahr 2009 hinaus, eine gute lange Strecke die Partei führen. Ich habe mir einiges vorgenommen.» (AP/ddp)

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