Bochum. Zwei Ex-Manager (37, 39) der weltberühmten Computerspielfigur "Moorhuhn" sollen für viereinhalb, beziehungsweise dreieinhalb Jahre in Haft. Das beantragte heute Staatsanwalt Andreas Bachmann vor dem Bochumer Landgericht. Es ist Deutschlands aktuell vielleicht längster Strafprozess.
Seit über vier Jahren und über 115 Sitzungstagen wird vor der 6. Wirtschaftsstrafkammer verhandelt, ob die zwei Bochumer Ex-Vorstände des damaligen Wattenscheider Computerspieleentwicklers Phenomedia AG am damaligen Neuen Markt mit künstlich aufgeblasenen Millionengeschäften getrickst und dabei Anleger und Geschäftspartner getäuscht haben. Laut Anklage sollen sie die Bilanzen der Phenomedia AG um rund 15 Millionen Euro geschönt haben, um ein gesundes Unternehmen vorzugaukeln, das es in Wahrheit gar nicht gewesen sei.
Millionenschaden
Staatsanwalt Andreas Bachmann hält die beiden Ex-Topmanager jetzt in wechselnder Tatbeteiligung wegen Untreue, Kreditbetrugs, Urkundenfälschung zur Täuschung von Abschlussprüfern und falscher Darstellungen der Jahresbilanzen am Aktienmarkt für schuldig. Allein durch Untreuehandlungen soll ein Schaden von über sieben Millionen Euro entstanden sein.
Geständnisse abgelegt
Die Angeklagten waren heute nach jahrelangem Zaudern erstmals voll geständig. Im Frühjahr 2002 hatten sie sich selbst der Staatsanwaltschaft gestellt, als sie von ihrem Aufsichtsrat wegen Unregelmäßigkeiten in den Büchern zur Rede gestellt worden waren.
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Nach Bekanntwerden des Skandals stürzte die Moorhuhn-Aktie kurzfristig von rund 90 Euro auf 85 Cent ab - und hunderte Anleger guckten frustriert in die Röhre. Zum Börsenstart Ende 1999 sollen private Anleger aufgrund falscher Prospektangaben an nur einem Tag 40 Millionen D-Mark in die Kassen der Phenomedia gespült haben.
"Scharf auf die schnelle Mark"
Dem Hauptangeklagten (39) warf Bachmann vor, sich damals nie gefragt zu haben: "Was passiert, wenn die Blase einmal platzt? Und sie ist dann ja geplatzt." Durch den damaligen Skandal und den damit verbunden Absturz an der Börse habe der 39-Jährige "etliche Arbeitsplätze in Bochum vernichtet", indem eigene Mitarbeiter gehen mussten, sagte der Ankläger. Und: "Alle waren scharf auf die schnelle Mark, beziehungsweise den Euro."
Ein Urteil soll am 13. Februar fallen. Dann, vor der Verkündung, haben die Angeklagten auch Gelegenheit, das so genannte "letzte Wort" zu sprechen.
Der 39-Jährige arbeitete auch heute noch in der Branche der Computertechnologie, der Jüngere in der Branche der Unternehmensberatung. Er hatte 2002 rund sechs Wochen in Bochum in U-Haft gesessen.
Die Verteidigung stellte keine genauen Strafanträge, sie bat um eine milde Strafe.