Bund und Länder wollen den stockenden Ausbau der Windkraft auf See vorantreiben und Haftungsfragen zügig klären.
Berlin (dapd). Bund und Länder wollen den stockenden Ausbau der Windkraft auf See vorantreiben und Haftungsfragen zügig klären. Das ist das Ergebnis eines "Offshore-Gesprächs" von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mit Vertretern der norddeutschen Küstenländer am Mittwoch in Berlin. SPD und Grüne mahnten die Beteiligung der öffentlichen Hand an den Stromnetzen an. Während Rösler an die Länder appellierte, den Netzausbau voranzutreiben, warfen Umweltschützer ihm vor, die Energiewende zu zerreden.
Zur Haftungsregelung bei Verzögerungen und Störungen der Einspeisung aus Offshore-Windparks sagte Rösler, sein Wirtschafts- habe sich mit dem Umweltministerium auf Eckpunkte verständigt, "die auf große Zustimmung gestoßen ist bei den Ländern". Die Regelung solle noch im Sommer im Bundeskabinett verabschiedet werden.
Der Chef der Bremer Staatskanzlei, Olaf Joachim, sprach von einem Schritt in die richtige Richtung und machte Druck: "Es geht um Wochen und nicht um Monate, Investitionen stocken." An dem Bund-Länder-Gespräch nahmen auch Übertragungsnetzbetreiber teil.
Vertreter von SPD und Grünen kritisierten im Gespräch mit der "Saarbrücker Zeitung" (Donnerstagausgabe) besonders das Festhalten am niederländischen Netzbetreiber Tennet und forderten eine Beteiligung des deutschen Staats. Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Matthias Miersch, sagte: "Wir brauchen eine Netz-AG." Die Grünen-Umweltpolitikerin Bärbel Höhn nannte Tennet ein "überfordertes Unternehmen mit zu wenig Eigenkapital".
Vor dem Treffen hatte Rösler die Länder aufgefordert, schneller den Ausbau der Stromnetze voranzutreiben. "Der Bund ist mit der Vorlage des Netzentwicklungsplans im Zeitplan. Bei den Ländern stockt es", sagte er der Nachrichtenagentur dapd. "Noch in Zeiten der großen Koalition wurden knapp 2.000 Kilometer geplant. Davon sind erst rund 200 Kilometer gebaut. Zuständig sind die Bundesländer, die Projekte jetzt schnell voranbringen müssen", sagte der Minister.
Rösler fügte hinzu: "Wenn wir den Netzausbau voranbringen wollen, brauchen wir schnellere Verfahren. Der Bau von Netzen ist zwar heute mit den geltenden Naturschutzregelungen möglich. Dennoch kommt es immer wieder zu Verzögerungen. Hier müssen wir über eine Beschleunigung nachdenken, zum Beispiel durch eine vorübergehende Lockerung europäischer Umweltstandards."
Die Sprecherin der Grünen im Bundestag für Naturschutz, Undine Kurth, nannte es "bedauerlich, dass der Wirtschaftsminister immer noch nicht begriffen hat, dass Ökologie und Ökonomie Hand in Hand gehen und eine intakte Natur die Grundlage für erfolgreiches Wirtschaften ist".
Auch darf die Energiewende nach Ansicht von Umweltschützern nicht länger zerredet werden. Sie müsse vielmehr beschleunigt werden, sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger. Dafür sei eine "zupackende Energiepolitik seitens der Bundesregierung nötig", meinte Weiger. Doch besonders Rösler blockiere Maßnahmen zur Energieeffizienz und stelle den Ausbau der erneuerbaren Energien immer wieder in Frage.
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) geht davon aus, dass die Strompreise im Zuge des Ausstiegs aus der Atomkraft steigen werden. "Alle wussten beim Ausstieg aus der Kernenergie, dass die Energiewende nicht zum Nulltarif zu haben ist", sagte der CDU-Politiker im ZDF-"Morgenmagazin". Aufgabe der Bundesregierung sei es, die Energiewende so zu organisieren, dass sich diese Preissteigerungen im Rahmen hielten und Strom bezahlbar bleibe.
Die BUND-Umweltschützer kritisierten, die Energiewende werde zu unrecht dafür verantwortlich gemacht wird, dass der Strompreis für die Haushaltskunden steigt. Zwar seien seit 2002 die Preise um zehn Cent pro Kilowattstunde erhöht worden. Aber die sogenannte EEG-Umlage, aus der der Ausbau der erneuerbaren Energien finanziert wird, habe sich in dieser Zeit nur um drei Cent erhöht.
Die Bundesregierung will bis 2050 mindestens 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen produzieren und bis 2020 den Stromverbrauch um ein Zehntel senken.
dapd