Mit einer überraschenden Annäherung in der Syrien-Frage hat der G-20-Gipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer begonnen: Die USA und Russland plädierten beide demonstrativ für einen politischen Prozess zur Beilegung des Konflikts. Derweil sah sich Bundeskanzlerin Angela Merkel genötigt, angesichts des Drucks wegen der Eurokrise in die Offensive zu gehen.
Los Cabos/Mexiko (dapd). Mit einer überraschenden Annäherung in der Syrien-Frage hat der G-20-Gipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer begonnen: Die USA und Russland plädierten beide demonstrativ für einen politischen Prozess zur Beilegung des Konflikts. Derweil sah sich Bundeskanzlerin Angela Merkel genötigt, angesichts des Drucks wegen der Eurokrise in die Offensive zu gehen. Alle Kontinente müssten noch ihre Hausaufgaben machen, sagte die CDU-Vorsitzende auf dem zweitägigen Gipfeltreffen im mexikanischen Los Cabos. Einem Entwurf der Abschlusserklärung zufolge verständigten sich die G-20 auf einen weltweiten Aktionsplan zur Schaffung von Arbeitsplätzen.
US-Präsident Barack Obama erklärte nach einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Montag, er stimme mit diesem im Hinblick auf Syrien darin überein, dass "wir ein Ende der Gewalt brauchen und einen politischen Prozess, um einen Bürgerkrieg zu verhindern".
Putin erklärte, er und Obama seien sich bei vielen Fragen bezüglich Syrien einig. "Wir teilen die Überzeugung, dass das syrische Volk die Möglichkeit haben sollte, unabhängig und demokratisch über die eigene Zukunft zu entscheiden", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Der syrische Präsident Baschar Assad wurde in der Erklärung nicht explizit genannt.
Zuletzt hatten die USA Russland immer wieder vorgeworfen, die Regierung in Damaskus zu stützen. Das Treffen mit Obama in Los Cabos war das erste seit dem Beginn der dritten Amtszeit Putins als russischer Präsident.
Obama traf auch mit Merkel zusammen. Beide sprachen über die aktuelle Lage in der Euro-Zone, wie anschließend aus Regierungskreisen verlautete. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, die beiden Politiker seien sich einig, dass weitere Schritte zur politischen Integration in der Eurozone nötig seien. Weitere Details nannte er nicht.
Das Weiße Haus erklärte nach dem Treffen, der US-Präsident sei ermutigt über Fortschritte im Umgang mit der europäischen Schuldenkrise. Obama und Merkel hätten über die hohe Bedeutung von Schritten zur Sicherung der Finanzstabilität in der Euro-Zone gesprochen, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney.
Merkel hatte sich zuvor dagegen verwahrt, dass allein die Europäische Union wegen der Eurokrise an den Pranger gestellt wird. Jeder Kontinent werde seinen Beitrag zu mehr Wachstum und Stabilität leisten müssen, sagte Merkel. Seitens der Europäer werde man deutlich machen, dass die EU die Probleme entschlossen angehe. Ähnlich äußerten sich Kommissionschef José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy.
Merkel traf in Los Cabos auch mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao zusammen. Beide sprachen über die politischen Perspektiven in Europa und im Euroraum sowie über die wirtschaftliche Entwicklung in China, wie aus Regierungskreisen verlautete.
Das Thema Wachstum stand im Mittelpunkt der ersten Arbeitssitzung des Gipfels. Neben Strategien für mehr Wachstum sollte es auch um Probleme gehen, die Wachstum entgegenstehen. In dem Entwurf der Abschlusserklärung, die am (heutigen) Dienstag veröffentlicht werden soll, wurde Beschäftigung als oberste Priorität im Kampf gegen die Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise bezeichnet.
Die G-20 erklärten sich "einig in unserer Entschlossenheit, Beschäftigung und Wachstum zu fördern", hieß es in dem Papier, das der Nachrichtenagentur AP vorlag. Zur Erreichung dieser Ziele sei ein "Los Cabos Action Plan" ausgearbeitet worden. Vorgesehen sei unter anderem eine Steigerung der Staatsausgaben. Um die genaue Formulierung der Erklärung wurde noch gerungen.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Erhöhung der Brandschutzmauern, die vor Angriffen der Finanzmärkte schützen sollen. Hier geht es vor allem um eine Aufstockung des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf 430 Milliarden Dollar (rund 340 Milliarden Euro), wie sie im April beschlossen, aber noch nicht umgesetzt wurde.
Weitere Themen des Gipfels sind das umweltfreundliche, nachhaltige Wachstum ("Green Growth"), die Infrastruktur in rasant wachsenden Hauptstädten - sogenannten Megacities, die Ernährungssicherung, der freie Handel und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vor allem bei Jugendlichen. Merkel wurde für den (morgigen) Mittwoch wieder in Berlin zurück erwartet.
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