Haben die Nordrhein-Westfalen nun stellvertretend für Deutschland Angela Merkels europäischen Sparkurs abgewählt? Gilt also von morgen an in Europa: Mehr Hollande, weniger Merkel? Und führt das morgige erste Treffen der deutschen Kanzlerin mit dem französischen Präsidenten zu einem Duell?
Erstens: In Nordrhein-Westfalen wurde nicht Merkels Sparkurs abgewählt, sondern eine populäre SPD-Regierungschefin einem unpopulären CDU-Herausforderer vorgezogen. Da Röttgen seinen eigenen Sparkurs bis zur Unkenntlichkeit weich spülte, gab es auch keine Abstimmung über das Sparen.
Zweitens: Hannelore Kraft kann die Mathematik ebenso wenig außer Kraft setzen wie François Hollande. Die Politik hat drei Möglichkeiten, Wachstum zu erzeugen. Sie kann Steuern erhöhen, was aber niemals nur Reiche treffen kann, sondern immer auch die Mitte. Sie kann sich höher verschulden, was aber gegen Stabilitätspakt und Schuldenbremse verstößt. Und sie kann, wie Deutschland es vorgemacht hat, die Sozialsysteme reformieren, den Arbeitsmarkt flexibler machen und das Rentensystem nachhaltiger. Das ist unpopulär, hilft aber durch die Krise. Diesen Weg haben inzwischen andere europäische Staaten eingeschlagen, auch Hollande wird daran nicht vorbei kommen. So schätzen es führende Sozialdemokraten ein.
Drittens: In den Armen werden sich Merkel und Hollande wohl nicht liegen, müssen sie aber auch nicht. Sie wissen, dass von ihnen die Zukunft des Euro abhängt. Inzwischen steckt die Währung, siehe Griechenland, wieder mitten in der Krise. Paris und Berlin sind zur Einigkeit verdammt, wollen sie nicht als Totengräber des Euro in den Geschichtsbüchern stehen.
Schließlich: Sparen ist gewiss nicht populär. Aber noch unpopulärer wäre es, Merkel würde für säumige Schuldner anderswo noch stärker als ohnehin schon ins Risiko gehen. Merkels Zukunft hängt davon ob, ob die Mehrheit der Deutschen glaubt, ihr Geld sei bei der Kanzlerin am besten aufgehoben.