Bis vor wenigen Tagen galt der Coffee-Shop “Oase/Roots“ in Venlo als das Mekka für deutsche Drogentouristen, aber an diesem 1. Mai sieht es hier aus wie nach einem Anschlag. Wo sonst kurz hinter der deutschen Grenze Hunderte Konsumenten weicher Drogen in Hochgeschwindigkeit abgefertigt wurden, geht gar nichts mehr: Die Tore sind geschlossen, der Parkplatz verweist.

Venlo (dapd-nrw). Bis vor wenigen Tagen galt der Coffee-Shop "Oase/Roots" in Venlo als das Mekka für deutsche Drogentouristen, aber an diesem 1. Mai sieht es hier aus wie nach einem Anschlag. Wo sonst kurz hinter der deutschen Grenze Hunderte Konsumenten weicher Drogen in Hochgeschwindigkeit abgefertigt wurden, geht gar nichts mehr: Die Tore sind geschlossen, der Parkplatz verweist. Nur hin und wieder verirren sich ein paar uninformierte Deutsche an die Kreuzung, erkennen jedoch recht schnell, welche Stunde in den Niederlanden geschlagen hat und drehen ab.

Seit dem 1. Mai ist eines der wohl umstrittensten Gesetze im Land der Tulpen und Grachten in Kraft getreten. Der Verkauf von Cannabisprodukten ist nur noch an einheimische Konsumenten gestattet, dem Drogentourismus über die Grenze wird ein Riegel vorgeschoben.

Die Cannabiskonsumenten aus den Niederlanden müssen bei der Gemeinde ein sogenanntes GBA-Meldeformular ausfüllen, mit dem wiederum eine Karte in einem der hiesigen Coffee-Shops und die damit einhergehende Club-Mitgliedschaft beantragt werden kann. Doch auch bei Niederländern scheint die Neuregelung noch nicht in den Köpfen angekommen zu sein, denn wie TV Limburg berichtet, gibt es ausschließlich drei registrierte Clubmitglieder im gesamten Stadtgebiet. Deswegen steht der Handel am Dienstag auch still. "Oase/Roots" hat die Segel gestrichen, da ein wirtschaftliches Betreiben des Ladenlokals aufgrund der Auflage, dass jeder Club maximal 2.000 Mitglieder haben darf, schlicht nicht mehr rentabel sei. Noch vor wenigen Tagen gab es hier 80.000 registrierte Konsumenten.

Lediglich das "Nobody's Place" - einer der drei größten Coffee-Shops in der Stadt - öffnet seine Pforten, jedoch nicht für den Verkauf, sondern ausschließlich zu Informationszwecken. Davor stehen Sebastian und Romi aus Köln. Den beiden 18-Jährigen war nicht klar, dass sie hier keine weichen Drogen mehr bekommen können. Sie sind frustriert. "Wir waren jetzt stundenlang mit dem Zug unterwegs", sagen sie, "und stehen hier jetzt vor verschlossenen Türen. Gesetze sollten für alle gelten. In Deutschland dürfen Niederländer doch auch alles, was Einheimische dürfen. Wir lösen jetzt ein Ticket nach Maastricht." Dort wird das Gesetz boykottiert, man will einen Präzedenzfall heraufbeschwören.

Die Betreiber des "Nobody's Place" fordern alle Deutschen zum Protest auf. Sie raten auf Flyern, den Coffee-Shop bei der Polizei wegen Diskriminierung (Artikel 1 niederländisches Grundgesetz) anzuzeigen. Ein Sonderaufgebot der Polizei verteilt derweil Info-Broschüren mit der Aufschrift "New Rules - No Drugs". Doch diese fallen in wenige Hände, denn es sind kaum Deutsche anwesend.

Aber nicht nur die Deutschen sind frustriert. "Ich bin fassungslos", sagt Steffi, Mitarbeiterin des "Nobody's Place" mit hängenden Schultern und in Falten gelegter Stirn. "Wir werden unsere Jobs verlieren. 80 Prozent weniger Kundschaft bedeutet auch 80 Prozent weniger Personal." Und auch unter den Anwohnern regt sich Protest. "Wenn es so weiter geht", sagt der 44-Jährige Johnny Mol, "müssen alle Nicht-Niederländer einen Stern auf der Brust tragen. Was hier passiert, ist Diskriminierung in übelster Form." Debby und Beb, zwei Anwohnerinnen mittleren Alters, versprechen sich keine Verbesserung des Stadtbildes durch das Verbot. "Es werden Zustände wie vor 20 Jahren herrschen. Alles wird über den Schwarzmarkt laufen. Dann steigt auch die Kriminalitätsrate wieder."

Auf der eilig zusammenberufenen Pressekonferenz vor dem "Nobody's Place" wehrt sich der Bürgermeister der Stadt Venlo, Hubert Bruls, entschieden gegen den Vorwurf, das Verbot würde Ausländer diskriminieren. "Der Entwurf ist vom Verfassungsgericht geprüft und für nicht diskriminierend befunden worden. Innerhalb Europas ist jedem Land selbst überlassen, wie es mit seiner Drogenpolitik umgeht. Der Verkauf an Deutsche war vorher ohnehin nur geduldet", sagt er. Den Schwarzmarkthandel wolle man mithilfe eines höheren Polizeiaufkommens eindämmen. Zudem sei wirtschaftlich mit Zuwächsen zu rechnen, wenn Venlo von Deutschen nicht mehr als Umschlagplatz für Drogen wahrgenommen würde.

dapd