Pjöngjang/Seoul (dapd). Nordkorea hat den Tod des langjährigen Machthabers Kim Jong Il bekannt gegeben und das Volk zu Unterstützung von Kims Sohn und mutmaßlichem Nachfolger, Kim Jong Un, aufgerufen. Die Nachricht vom Tod des nordkoreanischen Machthabers traf im Westen auf zwiespältige Reaktionen. Der Tod könne die Region destabilisieren, aber auch eine Chance auf einen diplomatischen Neuanfang darstellen, hieß es. Südkorea versetzte seine Streitkräfte unterdessen in höchste Alarmbereitschaft. US-Präsident Barack Obama und der südkoreanische Präsident Lee Myung Bak wollten die Entwicklungen genau verfolgen.

"Das könnte ein Wendepunkt für Nordkorea sein", reagierte der britische Außenminister William Hague auf die Todesnachricht. Nordkorea solle nun die "notwendigen Schritte einleiten", um die internationalen Gespräche über eine Einstellung des Atomprogramms wieder aufzunehmen. Der australische Außenminister Kevin Rudd sagte, Kims Tod sei "eine Möglichkeit für das nordkoreanische Regime, (...) in die internationale Gemeinschaft aufgenommen zu werden."

Das nordkoreanische Staatsfernsehen gab den Tod von Kim Jong Il am Montag in einer Sondersendung aus der Hauptstadt Pjöngjang bekannt. Demnach starb Kim bereits am Samstag in einem Zug an Herzversagen, als er im Rahmen einer "Feldinspektion" unterwegs war. Eine am Sonntag erfolgte Autopsie habe die Todesursache bestätigt. Kim wurde offiziellen Angaben zufolge 69 Jahre alt.

"Es ist der größte Verlust für unserer Partei und der größte Trauerfall für unser Volk", erklärte eine in schwarz gekleidete Nachrichtensprecherin unter Tränen. Das Land müsse "unsere Traurigkeit nun in Stärke umwandeln und unsere Schwierigkeiten überwinden."

In einer Erklärung, die von der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA verbreitet wurde, hieß es: "Das Herz von Kim Jong Il hörte auf zu schlagen, aber unser Heer und Volk wird sich immer an seinen noblen und erhabenen Namen und sein wohlwollendes Image erinnern."

Auf den Straßen von Pjöngjang brachen Menschen in Tränen aus, als sie vom Tod ihres "lieben Generals" erfuhren. "Wie konnte der Himmel so grausam sein?" rief eine nicht näher identifizierte Frau im nordkoreanischen Staatsfernsehen. "Bitte kommen Sie zurück, General. Wir können nicht glauben, dass Sie fort sind."

Unterdessen gab es deutliche Hinweise darauf, dass Kim Jong Ils jüngster Sohn Kim Jong Un die Nachfolge seines Vaters antreten würde. In einer Mitteilung Nordkoreas hieß es, das Volk und das Militär hätten "sich dazu verpflichtet, die Führerschaft von Kamerad Kim Jong Un aufrechtzuerhalten". Er sei ein "großer Nachfolger" der nordkoreanischen revolutionären Philosophie der Autarkie.

Kim Jong Il hatte seinen jüngsten Sohn bereits im Herbst 2010 auf seine Rolle als Nachfolger vorbereitet und ihm ranghohe Ämter übertragen. Kim Jong Il selbst hatte nach dem Tod seines Vaters und Staatsgründers Kim Il Sung die Macht übernommen. Über den dritten Sohn des verstorbenen Machthabers ist nur wenig bekannt. Kim Jong Un, der zwischen 20 und 30 Jahre alt sein soll, begleite seinen Vater im vergangenen Jahr bei dessen Reisen durchs Land.

Der Tod von Kim Jong Il könnte die Bemühungen der USA und anderer Staaten zurückwerfen, Pjöngjang zur Aufgabe seines Atomwaffenprogramms zu bewegen. Das Weiße Haus teilte mit, die Berichte über Kims Tod würden genau verfolgt. Aus US-Beamtenkreisen verlautete, die Regierung von Obama könnte Entscheidungen über eine Wiedereinbindung Nordkoreas in Atomgespräche sowie die Versorgung des Landes mit Lebensmittelhilfen verschieben. Zuvor war erwartet worden, dass die USA noch in dieser Woche diesbezüglich entscheiden würden.

Beamte erklärten, die USA seien besonders über etwaige Veränderungen besorgt, die der Tod Kim Jong Ils für die militärische Haltung Nord- und Südkoreas nach sich ziehen könnte.

Angesichts der andauernden Spannungen mit dem Norden versetzte Südkorea seine Streitkräfte nach Bekanntgabe des Todes des nordkoreanischen Machthabers in "höchste Alarmbereitschaft", wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete. Präsident Lee berief ein Treffen des nationalen Sicherheitsstabs ein.

China sprach Nordkorea unterdessen sein "aufrichtiges Beileid" aus. Peking sei schockiert über Kims Tod und sende dem nordkoreanischen Volk "herzliche Grüße", sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Ma Zhaoxu. China gilt als engster Verbündeter des international weitgehend isolierten Regimes in Nordkorea und unterstützt das Nachbarland regelmäßig mit Nahrungsmittel- und Benzinlieferungen.

Kim Jong Il erlitt im Jahr 2008 Berichten zufolge einen Schlaganfall. Zuletzt hatte er jedoch auf Fotos und Videoaufnahmen seiner jüngsten Reisen nach China und Russland sowie zahlreichen Inlandsreisen einen relativ rüstigen Eindruck hinterlassen. Allerdings soll Kim eine Vorliebe für Zigaretten, Cognac und gutes Essen gehabt haben.

© 2011 AP. All rights reserved