Lüttich. Ein vorbestrafter Einzeltäter hat am Dienstag in der belgischen Stadt Lüttich ein Blutbad angerichtet. Der mit Granaten und einem Revolver bewaffnete Mann tötete mehrere Menschen und anschließend sich selbst. 123 Menschen wurden verletzt.

Ein Waffennarr hat in der belgischen Stadt Lüttich am Dienstagmittag mehrere Menschen umgebracht und mindestens 123 weitere verletzt. Anschließend tötete der 33-Jährige sich selbst. Es handle sich wohl um einen Einzeltäter, sagte die belgische Innenministerin Joëlle Milquet. Einen terroristischen Hintergrund schlossen die Behörden aus.

Auf Gewalt waren sie eingestellt gewesen, aber nicht auf das, was dann tatsächlich passierte. Belgiens politische Führung hatte die Sicherheitskräfte im ganzen Land aufgefordert, an diesem Dienstag besonders wachsam zu sein. In Mons, der Stadt des neuen Regierungschefs Elio Di Rupo, ging ein Ehrenmord-Prozess zu Ende, der für viel Aufregung gesorgt hatte. Anschläge islamistischer Fundamentalisten schienen nicht ausgeschlossen. Doch dann war es offenbar kein religiös oder politisch motivierter Täter, sondern ein gewöhnlicher - wenn auch ungewöhnlich brutaler – Krimineller, der die Innenstadt von Lüttich in Angst und Schrecken versetzte.

Da, wo eigentlich buntes Weihnachtsmarkttreiben herrschen sollte, brach am Mittag Panik aus. Ein vorbestrafter Waffennarr hatte an einer Bushaltestelle um sich geschossen und mit Granaten geworfen. So tötete er nach Polizeiangaben vier Menschen – einen 15-jährigen Jungen, eine 17-Jährige und eine 75 Jahre alte Frau. Nach Medienberichten starben weitere zwei Menschen: ein 23 Monate altes Kleinkind und ein 20 Jahre alter Mann. Der Täter verwundete 123 weitere Menschen, wie die Behörden am Abend mitteilten.

„Das ging so schnell, wir liefen um unser Leben"

Widersprüchliche Meldungen kursierten, wie genau der Attentäter ums Leben kam. Er habe sich selbst erschossen, hieß es. Andere belgische Medien berichteten, er sei bei der Explosion einer Granate umgekommen. Das belgische Königspaar, Premierminister Di Rupo und weitere Politiker eilten nach Lüttich.

Nach dem Anschlag sperrte die Polizei die Lütticher Innenstadt zunächst einmal ab. Unklar war bis zum Nachmittag, was genau überhaupt auf dem Platz Saint Lambert passiert war. Zunächst berichteten belgische Medien von mindestens zwei Tätern. Einer, so hieß es, sei wohl noch auf der Flucht.

Sirenen heulten durch die Innenstadt, Menschen waren fassungslos. „Wir kamen gerade aus dem Gerichtsgebäude, da sahen wir, wie jemand eine Handgranate warf“, erzählte ein Augenzeuge im Radio. „Das ging so schnell, wir liefen um unser Leben. Ich hab einen kleinen Jungen gepackt und mit ins Gebäude zurückgenommen. Kurz danach wurden mehrere Verwundete hinein getragen. Draußen hörten wir Schüsse."

Die Menschen suchten in Geschäften sowie im Justizpalast Schutz und verriegelten die Türen. Die Polizei sperrte den Tatort weiträumig ab und fahndete nach flüchtigen Tatbeteiligten. Im Justizgebäude wurde ein Erste-Hilfe-Zentrum eingerichtet. Der öffentliche Nahverkehr wurde vorübergehend eingestellt.

Täter soll Waffennarr gewesen sein

Dann sorgte der Lütticher Bürgermeister Willy Demeyer für mehr Klarheit. Der Todesschütze habe vermutlich allein gehandelt, sagte er der Lokalzeitung „La Meuse“. Der Attentäter sei mit einem Maschinengewehr des Typs Kalaschnikow und Handgranaten bewaffnet gewesen. Er habe wahllos in die Menge geschossen. Der Täter sei den Behörden wegen Drogen-Delikten und als Waffen-Fanatiker bekannt.

Belgische Medien berichteten, dass der Attentäter von einem Lütticher Gericht im Jahr 2008 zu vier Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden war. Der gelernte Schweißer habe 9500 Waffenteile und etwa ein Dutzend vollständige Waffen besessen. Zudem habe er mit einer kriminellen Bande 2800 Cannabis-Pflanzen gezüchtet. Am Dienstag habe er einen Termin bei der Polizei gehabt, zu dem er aber nicht erschienen sei. Stattdessen richtete der 33-Jährige das Blutbad unweit des Weihnachtsmarktes an. Seine Motive waren bis zum Abend unklar.