Karlsruhe (dapd). Nach der Mordserie der Zwickauer Terrorzelle haben die Ermittler einen weiteren mutmaßlichen Unterstützer gefasst. Der 36-jährige Matthias D. wurde am Sonntagmorgen im sächsischen Erzgebirgskreis von einem Sondereinsatzkommando festgenommen, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte. Er soll der rechten Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zwei Wohnungen vermietet haben. Zudem gibt es eine weitere Beschuldigte. Medienberichten zufolge könnte es darüber hinaus Verbindungen der Terrorzelle nach Zürich und Berlin geben.
Matthias D. sei "dringend verdächtig", den Mitgliedern der Terrorgruppe zwei Wohnungen in Zwickau als dauerhafte Unterkunft überlassen zu haben, hieß es in der Mitteilung der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Eine Wohnung soll er im Mai 2001 angemietet haben, die andere im März 2008. Ab Juni 2003 soll er mit dem NSU-Mitglied Uwe Böhnhardt Mietverträge auf einen Aliasnamen geschlossen haben. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnräume sei unter anderem ein Computer beschlagnahmt worden, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft. Bis spätestens Montagabend muss D. dem Haftrichter vorgeführt werden
Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" hatte bereits am Samstag berichtet, dass die Bundesanwaltschaft zwei weitere Personen beschuldige, die NSU unterstützt zu haben, darunter Matthias D. Nach Angaben seines Anwalts sei D. jedoch nicht über die wahre Identität seiner Mieter informiert gewesen und von diesen "getäuscht" worden, wie das Magazin weiter berichtete. Das NSU-Mitglied Beate Zschäpe soll D. angerufen haben, nachdem sie im November ihre Wohnung in Zwickau in Brand gesetzt hatte. Zschäpe befindet sich in Untersuchungshaft.
Der aus Johanngeorgenstadt stammende Matthias D. war bereits vor einigen Wochen in Pressemeldungen als Hauptmieter der Wohnung in Zwickau genannt worden, die Zschäpe im November nach dem Tod der anderen beiden NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos angezündet hatte. Jetzt wurde von der Bundesanwaltschaft ermittelt, dass der gelernte Fleischer nicht nur diese Wohnung angemietet hatte.
Der "Spiegel" berichtete zudem über eine weitere Beschuldigte namens Mandy S. Sie soll die drei mutmaßlichen Terroristen nach deren Untertauchen im Februar 1998 für mehrere Monate in der Wohnung ihres damaligen Freundes Max B. in Chemnitz einquartiert haben. B. habe die Vorwürfe in einer polizeilichen Vernehmung mittlerweile eingeräumt, hieß es in dem Bericht. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft wollte die Angaben auf dapd-Anfrage nicht kommentieren. Er bestätigte jedoch, dass es eine weitere Beschuldigte gebe.
Unterdessen könnte es nach einem Bericht des "Tagesspiegel" auch Verbindungen der NSU nach Berlin geben. Zwei Neonazis aus der Hauptstadt sollen vom mutmaßlichen NSU-Unterstützer Andre K. 1998 um Hilfe für das untergetauchte Terror-Trio gebeten haben, wie die in Berlin erscheinenden Zeitung laut Vorabmeldung unter Berufung auf Sicherheitskreise in ihrer Montagausgabe berichtet. Ob sie der Bitte nachkamen, blieb unklar. Die mutmaßlichen Terroristen sollen zudem 2000 in Berlin gesichtet worden sein. Die Bundesanwaltschaft wollte den Bericht nicht kommentieren.
Medienberichte, wonach die NSU auch an dem Mord an einen israelischen Rabbiner in Zürich 2001 beteiligt gewesen sein sollen, konnte die Bundesanwaltschaft ebenfalls nicht bestätigen. "Für eine Verbindung zu der Tat gibt es bislang keine zureichenden Anhaltspunkte", sagte ein Sprecher.
Die NSU soll bundesweit für neun Morde an Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft in den Jahren 2000 bis 2006, den Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn vom April 2007 und zwei Bombenanschläge in Köln von 2001 und 2004 verantwortlich sein.
dapd