Salzgitter (dapd-nrd). Mit warmen Mützen, dicken Schals, Handschuhen und einer Säge oder einer Axt gewappnet streiften Hunderte Familien durch den Salzgitter Höhenzug. Auf matschigen, unebenen Trampelpfaden bahnen sie sich ihren Weg durch den Wald, auf der Suche nach dem perfekten Weihnachtsbaum. Bereits seit mehr als 35 Jahren bieten die Niedersächsischen Landesforsten am dritten Adventswochenende das Weihnachtsbaumschlagen in einem Waldstück zwischen Salzgitter Lichtenberg und Gebhardshagen an.

Unter den Hochspannungsleitungen, die durch den Wald führen, stehen auf 10.000 Quadratmetern Waldfläche Tausende Tannen und Fichten, die für das Weihnachtsfest bestimmt sind. "Das ist von der Größe her einzigartig in Niedersachsen. Wir müssen aber auch sehr nachhaltig denken und regelmäßig nachpflanzen", sagt Förster Dirk Strauch.

Ein Weihnachtsbaum braucht rund acht bis zehn Jahre, bis er eine durchschnittliche Größe erreicht. An dem Wochenende werden Strauch zufolge zwischen 1.500 und 2.000 Bäume verkauft. Bei dem Weihnachtsbaumschlagen solle aber nicht nur der Erwerb der Tanne im Mittelpunkt stehen.

"Man merkt richtig, dass sich die Menschen hier auch wieder erden und dem ganzen hektischen Weihnachtstrubel ein wenig entgehen", sagt Strauch. Ein Bläserensemble sorgt mit weihnachtlichen Liedern für eine festliche Stimmung, Kinder können am Lagerfeuer Stockbrot backen und heißer Kakao und frische Fleischwaren von Wildschweinen und Rehen aus der Revierförsterei laden zum Verweilen ein.

Bei vielen Menschen merke man aber auch die Erleichterung, wenn dann endlich der perfekte Baum gefunden wurde. "Wir beraten auch gerne bei der Auswahl und spielen schon des Öfteren Streitschlichter und Eheberater. Die Auswahl eines Baumes ist nicht zu unterschätzen und bietet für viele Familien eine Menge Zündstoff", sagt Strauch mit einem Schmunzeln im Gesicht. Die Tanne sei für viele nahezu heilig.

Nach einer rund einstündigen Suche haben sich auch die fünf Mitglieder der Familie Kramer aus Wolfenbüttel für einen Baum entschieden - ohne Streit. Eine zwei Meter hohe, gleichmäßig und gerade gewachsene Nordmanntanne ist der Baum ihrer Wahl. Der zehnjährige Tjark darf zur Säge greifen. "Das ist ganz schön anstrengend, aber macht auch Spaß", sagt er stolz, nachdem er die Tanne unter Anfeuerung seiner Familie zu Fall gebracht hat.

"Wir sind das erste Mal hier im Wald, wollen aber nächstes Jahr auf jeden Fall wiederkommen", sagt Mutter Bianka begeistert. Und: "Es ist einfach schön." Auch Vater Peter hat die Suche gefallen: "Ich finde es ein tolles Gefühl, dass man weiß, dass der Baum nicht durch halb Europa gekarrt wurde, sondern frisch aus der Region ist", sagt er. Außerdem würden so auch nur die Bäume gefällt, die wirklich benötigt werden.

Laut dem Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger bauen etwa 2000 Produzenten Weihnachtsbäume auf ihren landwirtschaftlichen Flächen an. Aus Deutschland stammen rund 80 Prozent der 23 bis 25 Millionen Weihnachtsbäume, die jährlich in der Bundesrepublik verkauft werden. Früher sei die Fichte besonders gefragt gewesen, jetzt sei vor allem die Nordmanntanne begehrt, sagt Förster Dirk Strauch. "Sie hält lange die Nadeln, hat einen leichten Wachsüberzug, der für den Glanz sorgt und sie piekst kaum." Immer beliebter werde auch die Kolorado-Tanne, die besonders lange Nadeln hat.

Damit der Baum auch nach dem Schlagen lange frisch bleibt, hat Förster Strauch ein paar Tipps für die Besucher. Man solle den Baum zunächst noch in seinem Netz lassen und an einem kühlen schattigen Ort in einem Eimer mit Wasser lagern, erzählt er. Ein bis zwei Tage vor dem Fest kann der Baum dann langsam an die Wohnungstemperatur gewöhnt werden, sagt Strauch. Wenn man den Baum dann nicht direkt vor Heizung oder Ofen stehen habe, habe man lange seine Freude.

Freude hat auch Familie Schneider aus Braunschweig, auch wenn nicht alles läuft wie geplant. Mit der Größe des Baumes und mit der ihres Kleinwagens hatte sich die Familie verschätzt - so wie viele an diesem Wochenende. Nach mehreren Versuchen, die Fichte im Innenraum unterzubringen, fällt die Entscheidung dann doch pro Autodach. "Das ist in jeder Hinsicht ein Erlebnis hier", sagt Mutter Kornelia.

dapd