Bonn (dapd). Bis zuletzt bleibt offen, wie konkret die Zusagen und Ergebnisse der internationalen Afghanistan-Konferenz am Montag ausfallen. Die rund 100 Delegationen verhandelten am Sonntag in verschiedenen Formaten über das Abschlussdokument - mal in großer Runde, mal in Einzelgesprächen. Aus der deutschen Delegation hieß es, die Gespräche dürften sich bis kurz vor Beginn der Konferenz am Montagmorgen hinziehen. Die internationale Staatengemeinschaft will Afghanistan langfristige Hilfe nach dem Abzug der Kampftruppen Ende 2014 zusichern, erwartet aber auch Zugeständnisse des Landes.

Vertreter von 100 Staaten und internationalen Organisationen kommen am Montag zu den Beratungen im früheren Bundestagsplenarsaal in Bonn zusammen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird die Konferenz gemeinsam mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai eröffnen. Am Sonntagabend kamen die Delegationsleiter auf dem Petersberg bei Bonn zu einem Abendessen zusammen.

Die rund 1.000 Konferenzteilnehmer wollen über die Zukunft Afghanistans beraten - über den Aussöhnungsprozess im Land, die Übergangsphase bis zum Abzug der internationalen Kampftruppen 2014 und die Zeit danach. Deutschland ist Gastgeber der Konferenz, den Vorsitz haben die Afghanen.

Am Wochenende liefen intensive Vorgespräche. Ziel ist eine gegenseitige Verpflichtungserklärung. Das bedeutet: die Zusage der internationalen Gemeinschaft zu einer langfristigen Unterstützung des Landes gegen die Zusage der Afghanen, Reformen anzustoßen, etwa für eine verbesserte Regierungsführung und den Kampf gegen die Korruption. "An der Austarierung dieser Gleichung wird noch gearbeitet", hieß es von deutscher Seite. Die Grundzüge seien da, aber es sei noch weitere Formulierungsarbeit im Detail nötig.

Konkrete Zahlen zur finanziellen Unterstützung sind in dem Dokument nicht zu erwarten. Bonn ist keine Geberkonferenz. Ein solches Treffen wird wohl im nächsten Jahr folgen.

Ziel dürfte auch sein, Prinzipien und rote Linien für Friedensgespräche mit den Taliban in die Abschlusserklärung aufzunehmen. Es gibt Gedankenspiele, ein Vertretungsbüro der Aufständischen außerhalb des afghanisch-pakistanischen Konfliktgebietes aufzubauen. Welche Aussicht auf Umsetzung ein solcher Vorstoß hat, ist ungewiss.

Bundesregierung will Taliban einbeziehen

Die Bundesregierung sprach sich ausdrücklich dafür aus, Aufständische in den Friedensprozess einzubeziehen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte am Sonntag im Deutschlandfunk, Bedingungen für die Aussöhnung seien aber: "Abschwören von Terror, Gewaltverzicht, Achtung der Verfassung und Respekt vor den fundamentalen Menschen- und Bürgerrechten." Für Afghanistan gebe es keine Alternative zu einer politischen Lösung. Merkel hatte sich vor wenigen Tagen ähnlich geäußert.

Vertreter der afghanischen Zivilgesellschaft mahnten, Einschränkungen der Grundrechte dürfe es beim Friedensprozess nicht geben. Sie warnten auch vor einem überstürzten Abzug der Kampftruppen aus Afghanistan und forderten intensive Hilfe beim Aufbau der Wirtschaft ihres Landes. Zwei Delegierte von afghanischen Nichtregierungsorganisationen werden bei der Außenminister-Konferenz mit am Tisch sitzen.

Der afghanische Außenminister Salmai Rassul plädierte ebenfalls für einen langsamen und verantwortungsvollen Übergang in seinem Land nach dem Abzug der NATO-Truppen. "Wir brauchen mehr Zeit, um erfolgreich sein zu können", sagte Rassul.

Westerwelle versicherte, die internationale Gemeinschaft werde die Afghanen auch nach 2014 nicht im Stich lassen. Dies wird die zentrale Botschaft der Konferenz sein. Auch UN-Generalsekretär Ban sagte dem Land langfristige Hilfe zu. "Die Vereinten Nationen werden Afghanistan bis 2014 und darüber hinaus unterstützen", versicherte er.

Ein Rückschlag für die Beratungen ist der pakistanische Boykott des Treffens. Islamabad hatte seine Teilnahme aus Protest gegen einen US-Angriff auf eine pakistanische Armee-Stellung vor wenigen Tagen abgesagt. Alle diplomatischen Bemühungen, das Land doch noch zu einer Teilnahme zu bewegen, liefen ins Leere. Die pakistanische Regierung werde aber regelmäßig über den Verlauf der Gespräche informiert, sagte Westerwelle.

Ban bedauerte die Absage. "Pakistan ist eines der Schlüsselländer in der Region", sagte er. "Es wäre besser gewesen, wenn Pakistan an der Konferenz teilgenommen hätte." Die Abwesenheit bedeute aber nicht, dass das Land nicht zur Zusammenarbeit bereit sei. Westerwelle sagte, Islamabad habe ihm Kooperationswillen zugesagt. "Ich nehme die pakistanische Regierung beim Wort."

In der Bonner Innenstadt verlangten am Samstag rund 5.000 Demonstranten den sofortigen Truppenabzug aus Afghanistan. Auch für Montag sind weitere Proteste rund um die Konferenz angekündigt.

dapd