Berlin (dapd). Ein Verbot der rechtsextremen NPD rückt näher. Bund und Länder sind sich nach längerem Zögern nun grundsätzlich einig, einen zweiten Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen. Zudem soll eine gemeinsame Untersuchungskommission aus Bund und Ländern Ermittlungspannen im Fall der Neonazi-Mordserie aufdecken. Dieser Vorschlag kam am Wochenende von Innenexperten der Union und der SPD, und fand auch Anklang beim Bundesinnenminister. Die Ermittler prüfen unterdessen, ob Spuren der NSU-Terrorzelle auch ins Saarland führen.
Zum NPD-Verbot sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich: "Es gibt jetzt eine klare Äußerung der Innenminister der Länder, die sich bislang eher heterogen geäußert hatten." Der CSU-Politiker betonte Freitagabend in Berlin: "Eines ist klar: Wir wollen am Ende die NPD verboten haben."
Die Diskussion über das NPD-Verbotsverfahren, das 2003 im ersten Anlauf gescheitert war, hat laut Friedrich in den vergangenen Tagen "neue Dynamik erhalten". Hintergrund sind Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, wonach der Thüringer NPD-Spitzenfunktionär Ralf Wohlleben verdächtig ist, direkt Beihilfe zu der Mordserie der Rechtsterror-Gruppe geleistet zu haben.
Friedrich sagte: "Wir werden bei der Innenministerkonferenz kommende Woche sehr eingehend über das Thema sprechen." Es müsse jetzt "sehr genau und sehr präzise" geprüft werden, wie man ein solches Verbotsverfahren zum Erfolg führen kann.
Im März 2003 hatte das Bundesverfassungsgericht das erste NPD-Verbotsverfahren wegen der hohen Zahl von V-Leuten des Verfassungsschutzes in der Partei eingestellt. Diese "massive staatliche Präsenz auf den Vorstandsebenen" wertete das Gericht als "nicht behebbares Verfahrenshindernis".
Auch die SPD fordert ein schnelles NPD-Verbot. Eine entsprechende Resolution verabschiedete der SPD-Parteitag am Sonntag in Berlin einstimmig. Berlins Regierender Bürgermeister und SPD-Vize Klaus Wowereit nannte es "unerträglich", dass die Partei mit Steuergeldern finanziert werde und ihre Parolen ungehindert öffentlich machen könne.
Voller Zugang zu allen relevanten Akten
Die neue, gemeinsame Untersuchungskommission aus Bund und Ländern soll aus mindestens vier Vertretern von Bund und Ländern bestehen und könnte maximal ein Dutzend Mitglieder haben, wie die "Mitteldeutsche Zeitung" berichtete. Die Kommission müsste von Bundestag und Bundesrat eingesetzt werden, um ihr vollen Zugang zu allen relevanten Akten und Experten zu verschaffen.
SPD-Innenexperte Michael Hartmann sagte dem Blatt: "Ich sehe für ein solches Gremium gute Chancen." Ähnlich äußerte sich Unions-Innenexperte Hans-Peter Uhl.
Innenminister Friedrich reagierte ebenfalls positiv. Die Anregung aus dem Bundestag und den Ländern werde nun gemeinsam besprochen, kündigte er an. Denkbar ist nun, dass eine von Friedrich schon vergangene Woche berufene Kommission aus lediglich drei Experten erweitert wird. Entscheidend sei jetzt größtmögliche Transparenz, sagte er. "Bund und Länder müssen gemeinsam die Aufklärung der rechtsterroristischen Mordserie unterstützen und gemeinsam zu Schlussfolgerungen kommen."
Serie von Brandstiftungen wird überprüft
Laut "FAZ" besteht der Verdacht, dass die Neonazi-Gruppe mit einer Serie von Brandstiftungen in Völklingen sowie mit dem Bombenanschlag im Frühjahr 1999 auf die Wehrmachtsausstellung in Saarbrücken zu tun hatte.Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft sagte am Sonntag dazu, man gehe auch Spuren nach, die ins Saarland führen.
Zudem wurde am Wochenende bekannt, dass der Thüringer Verfassungsschutz die 1998 abgetauchten NSU-Terrorverdächtigen Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos aus dem Untergrund holen wollte. Wie der damalige Verteidiger Böhnhardts, Gerd Thaut, dem "Focus" sagte, scheiterte der Deal jedoch 1999 am Veto des damaligen Oberstaatsanwalts von Gera, Arndt Peter Koeppen.
Eine Sprecherin des Landesamtes für Verfassungsschutz in Erfurt sagte der Nachrichtenagentur dapd, die Behörde habe damals Kontakt zu den Eltern der drei Rechtsextremisten aufgenommen. Man wollte versuchen, über einen Anwalt zu erreichen, dass sich das Trio selbst stellt. Das sei jedoch gescheitert.
dapd