Berlin (dapd). Vor zwei Jahren - als 106-Jähriger - sagte Johannes Heesters, auf die Frage, wovon ein Mann in seinem Alter so träume: "Ich träume vom 107. Geburtstag im Dezember. Und vom 108. im nächsten Jahr." Anfang dieser Woche, als die Nachricht kam, "Jopie" sei nach einem Schwächeanfall in ein Krankenhaus gebracht worden, hielten seine Fans kurz den Atem an. "Es geht ihm gut", teilte sein Büroleiter Thorsten Groneberg einige Tage später mit und wies Berichte zurück, wonach "Jopie" auf der Intensivstation liegt. Am Montag (5. Dezember) wird Heesters 108 Jahre alt.

Eigentlich wollte er diesen Geburtstag bei einer großen Gala feiern. Diese wurde nun abgesagt. "Er muss zunächst wieder zu Kräften kommen", sagte Groneberg. Möglicherweise werde aber eine kleinere Privatfeier stattfinden, auf der Heesters auch seinen zehnten Bambi entgegennehmen werde.

Heesters ist laut Guinness-Buch der Rekorde der älteste aktive Schauspieler der Welt. Er wurde als Johan Marius Nicolaas Heesters 1903 im niederländischen Amersfoort geboren und fand nach dem Schulabschluss und einer Banklehre über eine Schauspiel- und Gesangsausbildung in den Beruf. Mit 17 Jahren stand er erstmals auf einer Bühne. Seinen ersten Auftritt als Tenor hatte er 1934 an der Volksoper Wien.

Seine große Karriere begann 1935 in Berlin, wo er an der Komischen Oper und am Metropol zum Publikumsliebling und Inbegriff des charmanten "Mann im Frack" wurde. Frack, Zylinder und ein weißer Seidenschal - diese Ausstattung gehörte zu "Jopis" Paraderolle des Grafen Danilo in Franz Lehárs "Lustige Witwe". Er spielte sie mehr als 1.600 Mal. 1935 stieg er auch zum Ufa-Leinwandhelden auf, in Filmen wie "Der Bettelstudent" (1936) an der Seite von Marika Rökk.

Umstritten ist seine Rolle als Unterhaltungsstar während des Nationalsozialismus und sein Besuch im Konzentrationslager Dachau 1941. Der Publizist Volker Kühn hatte 2008 unter Berufung auf einen Augenzeugen berichtet, dass Heesters während seines verbrieften Besuchs in dem KZ auch vor der SS-Wachmannschaft aufgetreten war. Der Künstler hat dies bestritten und erfolglos auf Unterlassung und Widerruf der Äußerungen geklagt. 2010 legten Heesters und Kühn ihren Rechtsstreit mit einem Vergleich bei.

Vor allem in seiner Heimat hat man ihm seine Vergangenheit lange sehr übel genommen. Ein Traum ging darum für Heesters in Erfüllung, als er 2008 erstmals nach 44 Jahren wieder in seiner niederländischen Geburtsstadt Amersfoort auftreten konnte und - begleitet Protesten vor dem Theater - im Saal mit stehenden Ovationen gefeiert wurde.

Leichtes Essen sei eines der Geheimnisse für ein hohes Alter, sagte Heesters einmal der "Bild"-Zeitung. Außerdem hat der mittlerweile erblindete Entertainer seinen Zigarettenkonsum stark reduziert - auf Anraten seiner Ärzte und aus Liebe zu seiner zweiten Frau Simone Rethel-Heesters, der er 1992 das Ja-Wort gab. Davor war Heesters 65 Jahre lang mit der belgischen Schauspielerin Loise H. Ghijs verheiratet gewesen. Aus dieser Ehe stammen die Kinder Wiesje und Nicole. Loise H. Ghijs starb Mitte der 1980er Jahre.

Simone Rethel-Heesters, die fast 46 Jahre jünger ist als ihr Mann, hat vor einiger Zeit einmal gesagt, dass der Tod für sie beide kein Thema sei. Wenn sie, als sie sich kennenlernten, darüber nachgedacht hätten, hätten sie sich die weit mehr als 20 Jahre, die sie jetzt zusammen seien, kaputt gemacht.

Einen Witz erzählt Simone Rethel-Heesters trotzdem - oder gerade deswegen - immer gern: Bei Heesters klingelt es an der Tür. "Jopie" macht auf, draußen steht der Tod und sagt mit ernster Miene: "Sie wissen, warum ich da bin?" - "Einen kleinen Moment", sagt Heesters freundlich zum Tod, dreht sich um und ruft laut: "Simone, es ist für dich!"

dapd