Berlin (dapd). Das Endzeit-Drama "Melancholia" von Lars von Trier geht am Samstag (3. Dezember) in Berlin als Favorit ins Rennen um den Europäischen Filmpreis. Der dänische Filmemacher wird aber nicht persönlich zu der Gala im Tempodrom kommen, wie die European Film Academy (EFA) am Freitag auf dapd-Anfrage mitteilte. Deutschland ist nur schwach vertreten: Wim Wenders tritt mit dem 3D-Tanzfilm "Pina" in der Kategorie Dokumentarfilm an. Eine Nominierung gab es zudem für Tom Tykwers Beziehungsdrama "Drei" in der Kategorie Schnitt für Mathilde Bonnefoy.

"Melancholia" ist unter anderem als Europäischer Film 2011 und für die Regie nominiert. Die bereits beim Filmfestival in Cannes geehrte Kirsten Dunst konkurriert in der Kategorie der besten Hauptdarstellerin mit ihrer "Melancholia"-Kollegin Charlotte Gainsbourg.

In der Königskategorie tritt "Melancholia" gegen die diesjährigen Oscar-Gewinner "The King's Speech" (Bester Film) und "In einer besseren Welt" (Bester fremdsprachiger Film) an. Ebenfalls nominiert sind "The Artist", "Der Junge mit dem Fahrrad" und "Le Havre".

Um den Regie-Preis bewerben sich neben von Trier noch seine dänische Kollegin Susanne Bier ("In einer besseren Welt"), die belgischen Regiebrüder Jean-Pierre und Luc Dardenne ("Der Junge mit dem Fahrrad"), Aki Kaurismäki aus Finnland ("Le Havre") und der Ungar Béla Tarr ("Das Turiner Pferd"). "Melancholia" und "Le Havre" sind deutsche Koproduktionen.

Von Trier hatte bei dem Filmfest in Cannes im Mai nach der Vorführung von "Melancholia" Sympathien für Diktator Adolf Hitler geäußert und sich als Nazi bezeichnet. Er wurde daraufhin von der Festivalleitung zur unerwünschten Person erklärt. Der Regisseur entschuldigte sich für seine Aussagen und betonte, er sei kein Nazi.

In einem Interview mit der "Frankfurter Rundschau" sagte von Trier im Oktober, er wolle sich Pressekonferenzen bei Festivals künftig verweigern. "Ich bin einfach nicht gut darin, mit so vielen Menschen über ein Mikrofon zu kommunizieren", sagte er. Er sei bei solchen Großveranstaltungen zudem "immer verdammt eingeschüchtert".

In die Vorauswahl von 45 Filmen hatten es auch die deutschen Filmemacher Andreas Dresen ("Halt auf freier Strecke"), Yasemin Samdereli ("Almanya - Willkommen in Deutschland") und Tykwers "Drei" geschafft. 2009 hatte Michael Hanekes "Das weiße Band" gewonnen, 2006 "Das Leben der Anderen" von Florian Henckel von Donnersmarck, 2004 Fatih Akins "Gegen die Wand" und 2003 "Goodbye, Lenin!" von Wolfgang Becker. Im vergangenen Jahr war Roman Polanskis "Der Ghostwriter" zum besten Europäischen Film gekürt worden - allerdings auch in Abwesenheit des Regisseurs.

Der Brite Colin Firth darf sich am Samstag nach seinem Oscar-Gewinn für "The King's Speech" auch Hoffnung auf den Titel Europäischer Schauspieler 2011 machen. Gute Aussicht auf den Sieg hat ferner der in Cannes geehrte Jean Dujardin für den Stummfilm "The Artist". Bei den Frauen geht auch Tilda Swinton ("We Need To Talk About Kevin") ins Rennen.

Über die Sieger der erneut von Anke Engelke moderierten 24. Preisverleihung entscheiden rund 2.500 Mitglieder der European Film Academy (EFA). Die Auszeichnungen werden in 17 Kategorien vergeben. Zwei Preisträger stehen bereits fest: Der britische Regisseur Stephen Frears ("The Queen") wird für sein Lebenswerk ausgezeichnet, der dänische Schauspieler Mads Mikkelsen ("Adams Äpfel") erhält den Preis für seinen Beitrag zum Weltkino.

Bereits zum 14. Mal wird der Europäische Filmpreis in Berlin verliehen. Zu der Gala im Tempodrom werden rund 1.000 Gäste erwartet, darunter Bruno Ganz, Martina Gedeck, Katja Riemann, Anouk Aimée, Stellan Skarsgârd und Marjane Satrapi. Zu den Laudatoren gehören Moritz Bleibtreu, Karoline Herfurth, Nina Hoss, Sibel Kekilli, Alexandra Maria Lara, Heike Makatsch, Ludivine Sagnier, Sylvie Testud, August Diehl, Alexander Fehling und Ulrich Thomsen. Shantel und das Bucovina Club Orkestar treten live auf. Im Anschluss wird bei einer Aftershowparty im Hotel Concorde weitergefeiert.

Die Preisverleihung wird unter www.europeanfilmawards.eu live gestreamt und weltweit von rund 100 TV-Sendern übertragen. Die Höhepunkte der Gala werden bei einem Themenabend am 4. Dezember (22.35 Uhr) bei Arte ausgestrahlt.

dapd