Düsseldorf (dapd-nrw). Sexuell übertragbare Krankheiten sind weiterhin eine Herausforderung für Politik und Medizin. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen ist zwar auch in Nordrhein-Westfalen leicht zurückgegangen, doch leben heute mehr Menschen als jemals zuvor mit dem Virus. Die Zahl anderer sexuell übertragbarer Infektionen (STI) steigt unterdessen weiter, wie Norbert Brockmeyer von der Bochumer Ruhr-Universität (RUB) sagt.

Im Jahr 2011 haben sich nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts etwa 650 Menschen in NRW neu mit HIV infiziert, 2010 waren es rund 660, wie das Gesundheitsministerium am Mittwoch mitteilte. Vor fünf Jahren habe die Zahl der Neuinfektionen mit 845 noch viel höher gelegen. Zum Vergleich: Deutschlandweit wird die Zahl der Neuinfektionen insgesamt auf etwa 2.700 geschätzt.

Brockmeyer, Leiter des Zentrums Sexuelle Gesundheit an der RUB, warnt mit Blick auf den Welt-Aids-Tag am 1. Dezember davor, das HI-Virus in Vergessenheit geraten zu lassen und plädiert für Prävention und Aufklärung. Gleichzeitig nannte er die zunehmende Zahl von sexuell übertragbaren Krankheiten wie Syphilis oder Hepatitis "alarmierend".

Die Gesundheitsämter Nordrhein-Westfalens haben inzwischen auf diese Entwicklung reagiert. Seit 2010 kann man sich dort ebenso kostenlos und anonym wie bei den HIV-Untersuchungen auf Syphilis testen lassen. 2011 gründete sich zudem eine Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention, die Angebote für besonders gefährdete Zielgruppen entwickelt. Weiterhin sind vor allem Männer von einer Infektion betroffen. 540 steckten sich in diesem Jahr in NRW mit dem gefährlichen Virus an, dem stehen 110 Frauen gegenüber.

Gleichzeitig ist die Zahl der HIV-Infizierten in Deutschland mit 73.000 so hoch wie nie zuvor, wie der Geschäftsführende Vorstand der deutschen Aids-Stiftung, Ulrich Heide, erklärte. Durch verbesserte Behandlungsmethoden lebten Betroffene heute wesentlich länger. In den 1990er Jahren war etwa ein Prozent der Infizierten, die sich bei der Stiftung meldeten, über 50 Jahre alt - heute sind es rund 17 Prozent, wie Heide sagte.

Viele hätten dadurch seit Jahren mit Armut und Ausgrenzung zu kämpfen, dazu kämen häufig Begleiterkrankungen und Nebenwirkungen der Medikamente, erklärte der Geschäftsführer. Mit speziellen Projekten für ältere Infizierte will die Stiftung auf diese Entwicklung reagieren. "Man sollte Aids nicht verharmlosen", sagte Heide zu der Entwicklung.

dapd