New York (dapd-hes). Auf Ground Zero herrschen zehn Jahre nach dem 11. September 2001 noch immer strenge Sicherheitsvorkehrungen. Auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und seine Delegation müssen beim Besuch der Gedenkstätte für die Opfer des Terroranschlags auf das World Trade Center in New York am Montag erst einmal durch die Kontrollschleusen. Und selbst die Fraktionschefs aus dem Wiesbadener Landtag, die den Regierungschef begleiten, sind nicht davor gefeit, den Gürtel auszuziehen. Doch alle lassen die Prozedur geduldig über sich ergehen: Der Besuch an dem Memorial ist Bouffier ein Herzensanliegen.

Der Ministerpräsident legt am sogenannten "Survival Tree" auf Ground Zero einen Kranz nieder. Der Baum heißt Überlebensbaum, weil er als einziger an dieser Stelle die Anschläge unbeschadet überstanden hat und heute als Symbol des Überlebenswillens gilt. US-Präsident Barack Obama war nach der Tötung Osama bin Ladens demonstrativ an diesen Baum gegangen. Bouffier ist ergriffen. Er nennt die Kranzniederlegung ein "Zeichen des Respekts und der Verbundenheit mit den Tausenden unschuldigen Opfern". Es werde ganz sicher nie vergessen werden, was hier geschehen sei. Einerseits fühle er sich an diesem Ort "wie gelähmt", sagt Bouffier.

Andererseits hält er es doch für wichtig, an dieser Stelle auch einen politischen Appell nach draußen zu richten: Extremismus und Terrorismus von wem auch immer müssten alle demokratischen Kräfte gemeinsam entschlossen entgegentreten.

Zu Bouffiers Delegation in New York gehören auch Oppositionspolitiker wie SPD-Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel, der Grüne Frank Kaufmann und Linke-Fraktionsvorsitzender Willi van Ooyen. Im Gedenken an die Opfer von 9/11 sind sie alle vereint, da spielt Parteipolitik keine Rolle.

Die Delegation wird an das Mahnmal gebracht, das mit Wasserfällen und einer tiefen Grube in der Mitte die gesamte Grundfläche des ehemaligen Südturms des World Trade Centers ausfüllt. Am Rande der Gedenkstätte und eines Pendants am ehemaligen Nordturm sind die Namen aller 2.977 Opfer eingraviert, die am 11. September im World Trade Center oder dem Pentagon den Terroranschlägen der Flugzeugattentäter zum Opfer fielen.

Bouffier und seine Frau Ursula nehmen mit einem Papierstreifen und daraufgemaltem Kohlestift die Abdrücke der Namen von zwei der damaligen Opfer, die aus Hessen kamen: Barbara Edwards aus Frankfurt am Main und Christian Adams aus Rüdesheim. Mit letzterem verbindet die mitgereiste Simone Schieferstein aus der Staatskanzlei etwas ganz Persönliches: "Seine Tochter ging mit meiner Tochter in eine Klasse", berichtet sie.

Zur Delegation Bouffiers gehören neben Politikern, Beamten, Wirtschaftsvertretern und Journalisten auch Christoph Schwarzer und seine Frau. Der ehrenamtliche Feuerwehrmann und stellvertretende Stadtbrandinspektor aus Königstein im Taunus hat unmittelbar nach dem 11. September eine Spendenaktion für die Angehörigen seiner damals in den USA ums Leben gekommenen Feuerwehrkollegen gestartet. Mit binnen weniger Wochen gesammelten 140.000 Mark kam er im Dezember nach New York und kannte niemanden.

Er sprach einfach auf einer Feuerwache vor, wurde das Geld an dankbare Kollegen los und durfte als erster Deutscher den damals noch völlig abgeriegelte Ground Zero betreten. Mit Hilfe von Commerzbank-Chef Klaus Peter Müller kam später eine Million Euro zusammen, mit denen fast 500 Hinterbliebene der ums Leben gekommenen New Yorker Feuerwehrleute nach Deutschland reisen konnten, um wenigstens für zwei Wochen einmal die Trauer etwas in den Hintergrund zu drängen.

Zusammen mit Schwarzer, der im Hauptberuf Besitzer des Sportzentrums "Bowling Green" in Oberursel ist, überreicht Bouffier zum Abschluss seines Besuchs am Ground Zero den New Yorker "Friends of Firefighters" einen Scheck über 1.000 Euro. Diese "Freunde der Feuerwehrleute" sind die Partner Schwarzers in den USA und kümmern sich heute noch um die Angehörigen der damaligen Opfer. Und vor der Feuerwache treffen Bouffier und Schäfer-Gümebel noch ein Rentnerehepaar aus Seeheim-Jugenheim. Auch in dem südhessischen Ort ist ein Opfer des 11. September begraben - "direkt neben der Kirche", wie die beiden berichten.

dapd