Washington (dapd). Sie wirkt zuversichtlich und entschlossen, spricht aber immer noch stockend, ringt um Worte und wiederholt mehrfach Wörter, die ihr wichtig sind. Zehn Monate, nachdem sie bei einem Attentat einen lebensgefährlichen Kopfschuss erlitten hatte, stellte sich die US-Abgeordnete Gabrielle Giffords an der Seite ihres Mannes, des Astronauten Mark Kelly, erstmals in einem Fernsehinterview der Öffentlichkeit. Wieder im Kongress auftreten will die demokratische Politikerin erst, wenn es ihr besser geht.

"Nein. Besser", antwortete sie in dem am Montagabend ausgestrahlten Interview auf die Frage, ob sie in den Kongress zurückkehren wolle. Als sie mit Gesten um Formulierungshilfe bat, ergänzte ihr Mann: "Sie will, dass es ihr besser geht." Seit die Abgeordnete aus Arizona Anfang August bei dem kritischen Votum über die Schuldenobergrenze überraschend zur Stimmabgabe im Repräsentantenhaus erschienen war, wird über ihre Zukunftspläne gemutmaßt. Unter anderem gibt es Spekulationen, ob sie für den freien Senatssitz ihres Staates kandidiert.

Vor dem Interview wurden Videos ausgestrahlt, in denen Kelly die mühsamen gesundheitlichen Fortschritte seiner Frau dokumentiert und auch verzweifelte Momente nicht ausspart. Über ihren Weg zurück ins Leben haben beide mit Hilfe eines Profis ein Buch geschrieben: "Gabby: A Story of Courage and Hope" (Eine Geschichte von Mut und Hoffnung). In dem Fernsehgespräch beschrieben sich die Eheleute gegenseitig als "tapfer" und "hart im Nehmen".

Das Schicksal von Gabrielle "Gabby" Giffords bewegt die Amerikaner. Ein offenbar geistig verwirrter Attentäter hatte die Politikerin am 8. Januar bei einem Bürgertreff vor einem Einkaufszentrum in Tucson aus nächster Nähe in den Kopf geschossen und lebensgefährlich verletzt. Sechs Menschen wurden getötet und 13 weitere verletzt. Der Anschlag ließ in den USA die Debatte über Waffenbesitz und -gebrauch wieder aufflammen. Viele Amerikaner halten ihr verfassungsmäßiges Recht auf das Tragen von Waffen hoch, während Gegner darauf hinweisen, dass in US-Staaten mit freizügigem Waffenrecht mehr Tote zu beklagen sind.

Das Interview in der Sendung "20/20" wurde zu einem Zeitpunkt ausgestrahlt, als andere Opfer des Attentats nach Washington kamen, um sich für ein schärferes Waffenrecht einzusetzen. Rund ein Dutzend Überlebende und Angehörige plädierten für ein Gesetz mit dem Ziel, bei allen Käufen von Feuerwaffen die Kunden auf einen möglichen strafrechtlich relevanten Hintergrund zu überprüfen und die Qualität derartiger Prüfungen zu verbessern.

Giffords Fernsehauftritt bedeute einen Meilenstein für sie und helfe dabei, mit dem Trauma fertig zu werden, sagten Leidensgenossen. "Immer wenn einer von uns einen Erfolg hat, betrifft uns das alle und hilft heilen", sagte Ken Dorushka, der damals in den Arm getroffen wurde, als er seine Frau schützte. TV-Moderatorin Diane Sawyer fragte Giffords in dem Interview, ob sie jemals zornig sei über das, was ihr widerfuhr. "Nein, nein, nein. Leben. Leben", antwortete sie darauf.

Der bei dem Attentat gefasste Schütze Jared Loughner hat sich für nicht schuldig in insgesamt 49 Anklagepunkten erklärt. Er sitzt in Untersuchungshaft und wird zwangsweise mit Psychopharmaka behandelt mit dem Ziel, ihn verhandlungsfähig zu machen. Giffords und ihr Mann brachten in dem Interview beide ihre Besorgnis zum Ausdruck, dass Loughner nicht die Hilfe erhalten habe, die er gebraucht hätte. "Wenn er irgendeine Behandlung bekommen hätte, wäre das wahrscheinlich nie passiert", sagte Kelly.

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