Bochum (dapd). Auf eine Tasse Tee hat sich Herbert Grönemeyer mit 800 Fans im Bochumer Schauspielhaus getroffen. Seinen ayurvedischen Pitta-Tee hatte sich der Deutschrocker gegen die Aufregung aufs Piano gestellt. "Ihr seid hier so nah dran, da waren wir echt nervös", gab er zu - um dann doch ganz lässig den "Herbie" zu geben. In Jeans, Jackett und weißen Turnschuhen trat Herbert Grönemeyer am Donnerstagabend zum Radiokonzert in seiner Heimatstadt an.

Elf Hörfunkstationen aus ganz Deutschland hatten die Gewinner der Tickets ermittelt. Sie feierten den Sänger knapp zweieinhalb Stunden lang. Genau dort, wo er, wie er sagt, mit 17 einst anfing. "Auf dieser Bühne habe ich damals ein verjazztes 'Für Elise' geklimpert - und wurde engagiert", verriet er den Zuhörern. "Ich bin ganz verblüfft, dass ich jetzt wieder hier stehen darf."

Dann ersticken Trommelschläge seine Worte: Die ersten Takte von "Schiffsverkehr" erklingen und es hält niemanden mehr auf dem Sitz.

Die Zeilen des Songs verlieren sich wie viele danach in Grönemeyers gedrängtem Gesang und im Sound der Instrumente. Doch das stört nicht weiter; seine Klassiker kennen ohnehin alle auswendig. Und die dominieren das Konzert an diesem Abend. Bei "Mensch" singen die Fans ebenso mit wie beim gefühlvollen "Halt mich", was Grönemeyer ihnen mit zwei Textkorrekturen dankt: "Fühl’ mich bei Euch geborgen, es ist so schön, dass es Euch gibt".

Schön. "Ist das schön." Immer wieder schaut Grönemeyer gerührt in die 800 Gesichter, und: "Ach ja, wenn man schon mal hier ist, bietet sich das nächste Stück doch an." Eine rote Wand zieht sich hinter der Bühne auf und "Herbie" singt die ersten Zeilen des Steiger-Liedes, die er schließlich in "Bochum" münden lässt.

Die kleine Schauspielbühne ist nun ganz seine. Er läuft, tanzt, springt und legt an diesem Abend einige Kilometer zurück. Bei "Kopf hoch - tanzen" versucht er sich hölzern am Hüftschwung, boxt um sich - um dann mit seinem Saxofonisten Frank Kirchner im Gleichschritt über die Bretter zu rocken. Der erneute Griff zur Teetasse dient an diesem Punkt längst nicht mehr der Nervositätsbekämpfung. Er nutzt ihn zur gekonnten Überleitung: "Vom Pitta-Tee zum Alkohol", ruft er und setzt die Party mit dem gleichnamigen Klassiker fort.

Der Wechsel aus ruhigen und rockigen Songs setzt sich fort: "Bleibt alles anders" wird in einer kurzen Pause zunächst vom "Oh, wie ist das schön" der Fans und schließlich von "Land unter" abgelöst. Die Hymne der WM 2006 "Zeit, dass sich was dreht" singen die Zuhörer auch nach Ende des Stücks so lange weiter, dass die Band irgendwann wieder mit einsetzt und Grönemeyer die Masse promt als Chor für die nächste Tour vorschlägt. "Wir mieten einfach einen Bus und ein paar Räder."

Ob er diese Idee tatsächlich umsetzt, darf bezweifelt werden. Nicht aber seine Ankündigung, im nächsten Jahr wieder nach Bochum zu kommen. Mit seiner elfköpfigen Band gibt er mehrere Zugaben, kann sich kaum der besonderen Atmosphäre entziehen. Erst nach knapp zweieinhalb Stunden will er die Menschen mit seinem "Schlaflied", wie er sagt, nach Hause schicken: "Vollmond". Der Versuch bleibt erfolglos. "Männer" fehlt noch.

dapd