Berlin (dapd). Enten brüten in Balkonkästen in bis zu 50 Metern Höhe, Wanderfalken wählen den belebten Alexanderplatz als Brutrevier, Wildschweinrotten verwüsten Vorgärten oder plündern Mülltonnen auf der Suche nach Futter, Füchse bevölkern Brachflächen, Bahntrassen oder sogar den Garten des Kanzleramtes. Das Leben wilder Tiere in der Großstadt steht ab Dienstag (8. November) im Mittelpunkt einer Sonderausstellung im Berliner Naturkundemuseum. "Biopolis - Wildes Berlin" thematisiert bis zum 26. Februar die Großstadt als Lebensraum und das Zusammenleben von Mensch und Tier.
Fünf Jahre lang war der Naturfotograf Florian Möllers in Berlin unterwegs und hat das Leben von Reihern, Kaninchen, Waschbären und Co. in der deutschen Hauptstadt dokumentiert. Rund 250 seiner Bilder werden im Naturkundemuseum auf begehbaren Panoramaboxen gezeigt. Die Boxen werden ergänzt durch Audioinstallationen. Zu hören sind Interviews, in denen Stadtbewohner von ihren Begegnungen mit Wildtieren erzählen. Präparate von Füchsen, Wildschweinen, Ratten und Kaninchen ermöglichen es, die Tiere aus der Nähe zu betrachten.
Über seine Erlebnisse auf Fotosafari durch den Großstadtdschungel Berlin berichtet Möllers in seinem 2010 erschienen Buch "Wilde Tiere in der Stadt", dem Ideengeber zu der Sonderausstellung "Biopolis". Laut Uwe Moldrzyk, Projektleiter der Ausstellung ist es gewissermaßen die Schau zum Buch. "Die Ausstellung lehnt sich stark an das Buch an", erläutert er und fügt hinzu: "Berlin ist eine der artenreichsten Städte der Welt!"
Begleittexte zu Möllers Fotografien untermauern diese Feststellung mit Zahlen. Beispielsweise erfahren Ausstellungsbesucher, dass 17 von 25 in Deutschland vorkommenden Fledermausarten in Berlin leben und 140 Brutvogelarten die Stadt bevölkern - eine Zahl, mit der Berlin nahezu alle deutschen Naturschutzgebiete übertrifft. Etwa 1.300 Nachtigallmännchen stimmen im Mai und Juni innerhalb Berlins ihren Gesang an, mehr als im Flächenstaat Bayern.
Möllers, der als Naturfotograf bereits in der ganzen Welt gearbeitet hat, ist begeistert von der Vielfalt, die Berlin zu bieten hat und schwärmt von den Arbeitsbedingungen in der Großstadt. "In der Stadt Tiere zu fotografieren ist sehr viel leichter, als in der freien Natur", berichtet der 40-Jährige. Die Tiere seien an Menschen gewöhnt und sehr entspannt. "In der Stadt kommen die Wildschweine auf einen zu", sagt Möllers.
Dennoch hat der Fotograf in fünf Jahren intensiver Arbeit einige Motive nicht vor die Kamera bekommen, wie etwa den am Potsdamer Platz lebenden Fuchs bei Nacht. "Jeder kennt das: Man kommt nachts aus der Kneipe und steht vor einem Fuchs", erzählt Möller. Dennoch sei ihm ein solches Foto nie geglückt. "Das nagt ein bisschen an mir", fügt er lächelnd hinzu.
In Berlin gibt es laut Möller derzeit rund 11.000 Tier- und Pflanzenarten, darunter auch ein bis zwei Seeadlerpaare, die in der Stadt brüten. Der studierte Verhaltensbiologe und Ökologe erklärt das mit der Strukturvielfalt der Stadt. Zahlreiche Parks, Friedhöfe und Brachgelände böten den Tieren Rückzugsmöglichkeiten und Lebensraum. In den Gärten wüchsen zahlreiche Pflanzen mit unterschiedlichen Blühzeiten. "Außerdem ist es in der Stadt immer etwas wärmer als außerhalb." Hinzu komme, dass Tiere in der Stadt sicher vor Jägern seien.
Tipps für Städter, die das wilde Leben vor ihrer Haustür gerne kennenlernen wollen, hat Möller auch parat. "Friedhöfe sind ein tolles Biotop, dort gibt es viele zahme Eichhörnchen. Und der Schlosspark Charlottenburg ist auch ein toller Platz, um Tiere hautnah zu erleben!"
(Link zur Ausstellung: http://url.dapd.de/Gsi8zF)
dapd