Dortmund/München. Heute fällt das Urteil im Urheberrechtsstreit zwischen der bayerischen Landesregierung und den Machern des historischen Magazins "Zeitungszeugen". Der Dortmunder Journalistik-Professor, Horst Pöttker, ist optimistisch, dass die Entscheidung zugunsten des Verlages fällt.

Wieder erscheint in dieser Woche eine Ausgabe des historischen Magazins "Zeitungszeugen" ohne Nachdruck der NS-Propagandablätter "Völkischer Beobachter" und "Der Angriff". Sehr zum Bedauern von Horst Pöttker. Der Dortmunder Journalistik-Professor hat für das Heft einen Beitrag über den Reichsparteitag der NSDAP 1934 geschrieben. "Da hätte ich den 'Völkischen Beobachter' gerne kommentiert", sagt Pöttker. Doch erst heute entscheidet das Landgericht in München, ob die Macher des Magazins die NS-Zeitungen als Nachdrucke - und kommentiert von Historikern - verbreiten dürfen. Der Freistaat Bayern will das durch eine einstweilige Verfügung verhindern.

Doch Horst Pöttker ist optimistisch, dass die Richter zugunsten des Verlages entscheiden. "In dieser Instanz sieht es für unser Projekt sehr gut aus", sagt er. Entscheidend im Streit zwischen Land und Verlag ist die Frage nach den Urheberrechten. Bayern macht die Rechte an den beiden Zeitungen für sich geltend. Doch zumindest im Fall der Ausgaben bis 1938 vertritt das Landgericht die Auffassung, dass das Urheberrecht abgelaufen sei. Halte die Regierung das Projekt für politisch bedenklich, so müsse sie entsprechende Gesetze für ein Verbot initiieren, sagte der Vorsitzende Richter, Thomas Kaess.

Der Dortmunder Journalistik-Professor, Horst Pöttker, ist einer von zehn Beratern des Projektes
Der Dortmunder Journalistik-Professor, Horst Pöttker, ist einer von zehn Beratern des Projektes "Zeitungszeugen". (Foto: Universität Dortmund) © Institut für Journalistik / Stefanie Op

Pöttker allerdings glaubt daran, dass der Urheberrechtsstreit nach der Urteilsverkündung beigelegt wird - egal wie die Richter entscheiden. "Es gibt ja noch weitere gerichtliche Instanzen", sagt der Professor, der das Projekt zur Presse in der NS-Zeit als einer von zehn Beratern begleitet. Eine Fortsetzung des Rechtsstreits schreckt Pöttker nicht - im Gegenteil. "Ich fände es gut, wenn die Sache endgültig entschieden wird", sagt er - am besten vom Bundesverfassungsgericht.

Projekt lief bereits in acht europäischen Ländern

Der Umgang mit dem historischen Material in Deutschland sei eine Schande, ärgert sich Pöttker. Nicht nur was die NS-Zeitungen angehe, sondern auch im Fall von Propagandafilmen der Nationalsozialisten oder Hitlers "Mein Kampf". "Das sind mittlerweile Quellen", so der Professor. 60 Jahre nach Kriegsende müsse man den Deutschen zutrauen, damit verantwortungsvoll umzugehen - so wie es in anderen Ländern längst der Fall sei.

Bereits in acht europäischen Ländern hat der englische Verleger Peter McGee "Zeitungszeugen" herausgegeben. Im Januar erschien dann erstmals die deutsche Edition. Der ersten Ausgabe lag ein kompletter Nachdruck einer Ausgabe der Zeitung "Der Angriff" bei, eingeordnet und kommentiert im Mantelteil von Historikern. Die Macher wollten dem Leser ein "sinnliches, anschauliches Bild von der Zeit" machen, so Pöttker. Anhand der Zeitungen werde der Alltag der damaligen Zeit gut greifbar. Doch bereits ein Teil der Auflage des zweiten Heftes wurde beschlagnahmt. Die bayerische Regierung verbot die Nachdrucke. Sie befürchtete, Neonazis könnten die nachgedruckten Zeitungen zu Propaganda-Zwecken missbrauchen.

Trotzdem erschien "Zeitungszeugen" weiter wie geplant im Wochentakt, nur eben ohne die umstrittenen Nachdrucke. Ein Fakt, der manchen Lesern allerdings nicht bewusst sei, fürchtet Pöttker. Viele gingen davon aus, das Projekt sei vollständig auf Eis gelegt worden. Der Journalistik-Professor hofft nun, dass "Zeitungszeugen" durch das Urteil wieder mehr Aufmerksamkeit bekommt. (mit ddp)

Mehr zum Thema: