Basel (dapd). Trotz Milliardengewinnen will der Schweizer Pharmakonzern Novartis 2.000 seiner weltweit 121.000 Stellen streichen. Der Druck auf die Preise im Gesundheitswesen zwinge zum Sparen, argumentiert der Pharmakonzern. Die meisten Stellen gingen in den nächsten drei bis fünf Jahren in der Schweiz verloren, gab Novartis am Dienstag in einer Presseerklärung bekannt. In der Schweiz würden 1.100 von insgesamt 12.500 Stellen abgebaut. Am härtesten trifft es mit 760 Stellen Basel, wo der Konzern die Schließung einer Chemieanlage und die Verlagerung von Forschungsaktivitäten plant.

Ganz geschlossen wird die Fabrik für rezeptfreie Medikamente in Nyon im Kanton Waadt mit 320 Vollzeitstellen. Diese Aktivitäten sollen an andere Novartis-Standorte oder an Drittanbieter verlagert werden, wie Vorstandsvorsitzender Joseph Jimenez am Dienstag erklärte. Schuld am Stellenabbau sei vor allem der Preisdruck der hochverschuldeten Staaten auf die Medikamente. In diesem Jahr seien die Preise im europäischen Pharmageschäft um rund fünf Prozent gesunken. Alleine in der Schweiz habe der Preisdruck Novartis in den letzten drei Jahren 100 Millionen Franken (81 Millionen Euro) gekostet.

Zudem machten die Nachahmermedikamente (Generika) den Umsätzen zu schaffen. Der starke Franken habe indes kaum eine Rolle bei der Entscheidung über die Entlassungen gespielt, sagte Jimenez. Damit geht das Streichkonzert bei Novartis weiter. Vor knapp einem Jahr hatte der Pharmakonzern den Abbau 1.400 Außendienstmitarbeitern in den USA angekündigt. Im Frühjahr fielen 500 Stellen in Großbritannien weg. Der Schweizer Konkurrent Roche gab seinerseits vor einem Jahr den Abbau von weltweit 4.800 Arbeitsplätzen bekannt. Auch der deutsche Branchenführer Bayer will sich von 4.500 Angestellten trennen. Und der weltweit größte Pharmakonzern Pfizer streicht die Forschung zusammen, um die Kosten gut ein Drittel zu drücken.

Mit dem Abbau will Novartis jährlich rund 200 Millionen Dollar (146 Millionen Euro) sparen. Bis die Einsparungen voll wirksam würden, dürfte es aber drei bis fünf Jahre dauern, sagte Konzernchef Jimenez. Denn es brauche Zeit, bis die Produktion nach den Verlagerungen wieder reibungslos funktioniere. Dazu wolle Novartis in China, Indien und anderen Billiglohnländern 700 Jobs aufbauen.

In den ersten neun Monaten hat der Konzern deutlich mehr umgesetzt und verdient. Der Umsatz kletterte um 20 Prozent auf 43,8 Milliarden Dollar (32 Milliarden Euro). Schub gab dabei die Schwäche des Dollars. Zu konstanten Wechselkursen hätte der Umsatz lediglich um 15 Prozent zugelegt.

Novartis hat im dritten Quartal deutlich mehr umgesetzt und verdient. Der Umsatz stieg um 18 Prozent auf 14,8 Milliarden Dollar (10,8 Milliarden Euro), der Reingewinn um 7 Prozent auf 2,5 Milliarden Dollar (1,8 Milliarden Euro). Das sind 4 Prozent mehr als vor einem Jahr. Analysten hatten mehr erwartet. An der Schweizer Börse fiel die Novartis-Aktie am Donnerstagnachmittag um 3,2 Prozent auf 50,15 Franken.

Angesichts dieser Geschäftszahlen reagierten Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter verärgert auf den Stellenabbau. Zwar seien wegen des Marktdrucks Maßnahmen zu erwarten gewesen. Doch die Streichung von neun Prozent des Personals in der Schweiz sei eine Überreaktion, hieß es von Gewerkschaftsseite. Die Gewerkschaften Unia und Syna erklärten, Profite zulasten von Angestellten und des Staates zu maximieren sei inakzeptabel. Beide Organisationen fordern einen Verzicht auf Kündigungen.

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