Würzburg (dapd). Das grün-schwarz bedruckte Papier ist gut 20 mal 30 Zentimeter groß und stammt aus dem Jahr 1994. Trotzdem ist es schon jetzt historisch: Es ist die Aktie der Lehman Brothers mit der Seriennummer 0001 - jener Bank, mit der 2008 der weltweite Absturz an den Börsen begann. "Das ist das ultimative Papier zur Finanzkrise", sagt der Vorstand des im oberbayerischen Zorneding beheimateten Historischen Wertpapierhandelshauses Matthias Schmitt.

Bei der mittlerweile zehnten Herbstauktion seines Hauses am 5. November in Würzburg wird die Aktie unter den Hammer kommen. Der Käufer muss mindestens 5.000 Euro dafür bezahlen, den Zuschlag erwartet Schmitt aber bei einer weitaus höheren Summe: "Das Stück kann durchaus auch fünfstellig werden."

Den geprellten Lehman-Kunden wird das freilich nichts mehr nützen, denn die Aktie und ein Konvolut weiterer Wertpapiere aus der Geschichte der Investmentbank hatte ein Händler bei einer Auktion im Frühjahr 2011 in den USA erworben. "Diese wurden von einem Auktionshaus mit zahlreichen anderen Gegenständen aus dem Besitz von Lehman Brothers versteigert, das sonst Möbel, Schmuck, Kunst anbietet", erläutert Schmitt.

Diese "Worthless Securties-Box" sei en bloc ohne weitere Aufbereitung versteigert worden - das Auktionshaus habe dabei den Wert der Aktie mit der Nummer 1 nicht erkannt: "Zum Glück für den Sammlermarkt hat ein aufmerksamer, international agierender Händler diesen Schatz ersteigert", sagt der gebürtige Unterfranke.

Sein Haus agiere dabei nur als Vermittler, bekomme als Provision jeweils 15 Prozent des Zuschlagspreises vom Käufer und Verkäufer. Üblicherweise gebe es bei einer solchen Auktion 300 bis 400 Bieter, davon ein großer Teil über Internet und Telefon. Schmitts Kunden kommen nach seinen Angaben aus der ganzen Welt, vor allem aus Australien, Russland und auch China. Hierzulande schätzt er die Zahl der spezialisierten Wertpapiersammler auf rund 1.000, meist aus dem Finanzsektor kommend oder Unternehmer.

Die spezielle Aktie Nummer 1 hing einst im Büro des Lehman-Chefs Richard Fuld. Jetzt schlummert das einmalige Stück sicher in einem Tresor und ist über eine Summe von 5.000 Euro versichert, genau dem Startgebot.

Kein Zufall ist, dass das historische Stück nur wenige Kilometer entfernt vom Heimatort der Lehman-Brüder versteigert wird. Von Rimpar (Landkreis Würzburg) aus wanderten Henry, Emanuel und Mayer Lehman zwischen 1844 und 1850 nach Montgomery (Alabama) aus. Die drei gründeten in den folgenden Jahren die Investmentbank Lehman Brothers. "Aufgrund der Geschichte fand ich es natürlich interessant, die Auktion nach Würzburg zu bringen", erläutert Schmitt.

Die Gemeinde Rimpar hätte zwar prinzipiell Interesse an dem Papier, wie Bürgermeister Burkard Losert (CSU) sagt, kann dafür aber nicht die zu erwartende fünfstellige Summe aufbringen. "Es ist letztlich ein Stück Papier, das nur historischen und ideellen Wert hat", tröstet er sich selbst. Im Turm des Schlosses gebe es schon eine Ausstellung, die sich mit den Lehman-Brüdern beschäftigt. Hier liege der Fokus aber nicht auf der Pleite sondern auf den historischen Hintergründen.

dapd