Es sind bemerkenswerte Signale, die von dem kleinen nordafrikanischen Land ausgehen. Während die Libyer am Wochenende die Befreiung ihres Landes ausriefen, ging das „Mutterland des arabischen Frühlings“ wählen. Die ersten freien Wahlen in der Geschichte Tunesiens hatten eine so atemberaubende Beteiligung, dass das genaue Ergebnis noch nicht feststeht. Die Freiheit, eine echte Wahl zu haben, ist etwas Großartiges, auch wenn das Ergebnis nicht alle zufrieden stellt.

Doch der sich abzeichnende Wahlsieg der Islamisten bedeutet nicht das Ende der neuen Freiheit. Er ist ein Spiegel dieser Gesellschaft, die nach einem eigenen Weg sucht. Wie unter Staatschef Ben Ali zu verbieten, was nicht ins Konzept passt, die Menschen wegzusperren und ihre Botschaften zu dämonisieren, war zu keiner Zeit eine Lösung. Tunesien, aber auch Ägypten und Libyen werden Wege finden müssen, moderate Islamisten in die Politik zu integrieren. Was Ennahda, die Partei der tunesischen Islamisten, wirklich will, ist noch unklar. Man orientiert sich an der türkischen Regierungspartei AKP. Die hat der Türkei neues Selbstvertrauen gegeben und regiert heute ein Wirtschaftswunderland. Es gibt schlechtere Vorbilder.