Berlin/Brüssel (dapd). Der Bundestag hat der Bundesregierung klare Grenzen für die Euro-Rettung aufgezeigt. Der Haushaltsausschuss des Bundestags billigte am Nachmittag zwar die bislang vorliegenden Leitlinien des Euro-Rettungsschirms EFSF, stellte in einem Antrag aber gleichzeitig klar, dass es weder eine sogenannte Banklizenz noch eine Ausweitung des Gesamtvolumens des Rettungsschirms geben dürfe. Alle Änderungen oder Ergänzungen der Leitlinien müssen erneut vom Ausschuss gebilligt werden.

Zum Auftakt des Verhandlungsmarathons in Brüssel trafen sich am Freitag in Brüssel die Euro-Finanzminister. Hauptstreitpunkt war die Frage nach dem sogenannten EFSF-Hebel. Frankreich wollte die Europäische Zentralbank (EZB) als Geldbeschaffer für den EFSF anzapfen. "Die EZB hat die größte Feuerkraft", hieß es dazu am Freitag bestätigend aus einer Delegation. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dagegen: "Alle haben zur Kenntnis genommen, dass die Notenbank für die Staatsfinanzierung nicht zur Verfügung steht."

Berlin favorisiert eine Versicherungslösung: Der Fonds garantiert beim Aufkauf von neuen Staatsanleihen etwa von Italien oder Spanien ein Ausfallrisiko von 20 bis 30 Prozent. So könnten mit den verbliebenen EFSF-Mitteln Anleihen im Volumen von bis zu 1,3 Billionen "teilkaskoversichert" werden. Mit dieser Versicherung sollen Investoren angelockt werden. Dies ist der Hebel, über den noch gerungen wird.

Für eine Einigung auf europäischer Ebene ist eine deutsch-französische Verständigung notwendig. Am Sonntag wird es einen Vorbereitungsgipfel der 27 europäischen Staats- und Regierungschefs geben, bevor dann am Mittwoch bei einem weiteren Treffen Beschlüsse zustande kommen sollen. Zuvor wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) voraussichtlich eine Regierungserklärung im Bundestag abgeben, die eigentlich schon für Freitag geplant und am Donnerstag kurzfristig abgesagt worden war.

Der Haushaltsausschuss bestätigte am Nachmittag die deutsche Linie, indem er sich strikt gegen die von Frankreich favorisierte Banklizenz aussprach. "Jegliche Geschäftsbankmodelle sowie die Mittelaufstockung der EFSF über die EZB sind grundsätzlich auszuschließen", heißt es in einem Antrag, der am Nachmittag nach Angaben aus Unions-Kreisen beschlossen wurde und der der Nachrichtenagentur dapd vorliegt. Insbesondere eine Banklizenz für den EFSF dürfe es nicht geben. Der deutsche Garantierahmen von 211 Milliarden Euro müsse ebenso unbedingt eingehalten werden wie das EFSF-Gesamtvolumen.

Schäuble hatte bereits am Morgen in einer Sondersitzung der Unions-Fraktion versichert, dass es keine Banklizenz für den EFSF geben werde. Auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erteilte dem französischen Vorschlag eine Absage. "Wir wollen auf gar keinen Fall, dass es eine Bankenlizenz für die EFSF dann selber geben soll."

Die bislang vorliegenden Leitlinien, die Arbeitsgrundlage des EFSF, bestätigten die Haushälter am Nachmittag. Für die SPD kritisierte der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion, Carsten Schneider, die Eile, mit der dieser Beschluss gefasst wurde. Obwohl die Leitlinien noch nicht vollständig seien und auf dem EU-Gipfel keinerlei Entscheidungen anstünden, habe die Koalition die Leitlinien "durchgepeitscht". Ein Vorschlag der Opposition für eine Expertenanhörung über den Entwurf der Leitlinien an diesem Wochenende wurde nach Angaben Schneiders abgelehnt.

Merkel stimmte die Parlamentarier von CDU und CSU am Morgen auf einen möglichen starken Schuldenschnitt für Griechenland ein. Nach Teilnehmerangaben sagte sie vor der Fraktion, es nähere sich der Zeitpunkt, an dem man feststellen müsse, dass der vereinbarte Abschlag von 21 Prozent nicht mehr die Schuldentragfähigkeit Griechenlands sichere. Ein Schuldenschnitt für das hoch verschuldete Land wird derzeit hinter den Kulissen verhandelt, ist aber noch nicht entschieden.

Die Zeit drängt, weil neben der prekären Lage Griechenlands auf dem G20-Gipfel am 3. und 4. November in Cannes auf internationaler Ebene verbindliche europäische Beschlüsse beraten werden sollen.

dapd