Gorleben/Philippsburg (dapd-nrd). In die Debatte über den für Ende November erwarteten Castor-Transport ist nach Vorschlägen von Umweltschützern neue Bewegung gekommen. Der Transport mit hochradioaktivem Atommüll sollte nach Ansicht von Greenpeace statt nach Gorleben zum AKW Philippsburg in Baden-Württemberg rollen. Das Zwischenlager in Philippsburg sei sicherer als die Halle in Gorleben, sagte der Energieexperte der Umweltorganisation, Tobias Münchmeyer, am Mittwoch. Er berief sich dabei auf die Ergebnisse einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie.

Die Hallenkonstruktion in Philippsburg sei der in Gorleben zwar ähnlich, erläuterte Münchmeyer. Doch gebe es in Philippsburg ein Drainagesystem, das bei einem Flugzeugabsturz ausströmendes Kerosin ableiten soll. So könnten lang anhaltende Kerosinbrände vermieden werden.

Bei anderen Sicherheitsaspekten wie der Überwachung der Castor-Behälter sowie beim Wärmeabfuhrsystem wiesen beide Zwischenlager ähnliche Voraussetzungen auf, sagte Münchmeyer. Er verwies weiter darauf, dass Philippsburg rund 500 Kilometer näher an der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague liege, wo die Castor-Behälter derzeit beladen werden.

"Der strahlende Transport müsste also nicht durch die halbe Republik kutschiert werden", sagte Münchmeyer. Außerdem führten in Philippsburg Bahngleise direkt auf das AKW-Gelände. So könnte das für Gorleben nötige Umladen der Castor-Behälter von der Schiene auf die Straße wegfallen.

Greenpeace hatte bereits im Oktober 2010 ein alternatives Konzept zur Zwischenlagerung von Castorbehältern an AKW-Standorten veröffentlicht und auf die dadurch verkürzten Transportstrecken hingewiesen. Anti-Atom-Initiativen wiesen den Vorschlag allerdings zurück. Nach ihrer Ansicht sollten die Castortransporte ganz eingestellt werden, bis ein Konzept für die Endlagerung vorliegt.

Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) gab Greenpeace damit recht, dass Atommüll auf Basis des Verursacherprinzips gelagert werden müsse. Auch sollten möglichst kurze Transportwege gewählt werden. Für den anstehenden Castor-Transport sei jedoch eine Lagergenehmigung für Philippsburg nicht mehr zu bekommen. Eine Verschiebung des Transports könne nur vom Bundesumweltministerium im Einvernehmen mit den Energieversorgern beantragt werden.

Die atompolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, verlangte die Absage des Castor-Transport nach Gorleben. Die AKW-Betreiber sollten einen Beitrag zu einem Konsens in der Endlagerfrage leisten. Dafür müssten sie den Druck von Gorleben nehmen und beantragen, ihren aus der Wiederaufarbeitung stammenden hochradioaktiven Atommüll künftig in den Zwischenlagern an den AKW-Standorten zu lagern.

dapd