Berlin..
Neuer Krach in der Bundesregierung. FDP und Union streiten über den Bundestrojaner. Während die FDP einen besseren Schutz der Privatsphäre fordert, verteidigt die CSU den Einsatz der Schnüffelsoftware.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte am Dienstag einen besseren Schutz der Privatsphäre. Dagegen warf der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU) der Ministerin vor, sie schicke die Ermittler scheinheilig in eine rechtliche Grauzone. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verteidigte den Einsatz der Computerprogramme im Freistaat. Polizeigewerkschaften forderten mehr Professionalität im Umgang mit sogenannten Trojanern.
Mit dem sogenannten Staatstrojaner kann nach Angaben des Chaos Computer Clubs (CCC) nicht nur die Kommunikation überwacht, sondern der Computer komplett ferngesteuert werden. Dies ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Online-Durchsuchung rechtswidrig. Als erstes Bundesland musste Bayern einräumen, den Staatstrojaner verwendet zu haben. Dabei blieb allerdings offen, welche Aktionen mit dem Programm im einzelnen ausgeführt wurden.
FDP rügt Ausschnüffelei
Leutheusser-Schnarrenebrger sagte dem Düsseldorfer „Handelsblatt“: „Der Bürger muss durch strikte staatliche Kontrollmechanismen vor Ausschnüffelei geschützt werden - im öffentlichen wie auch im privaten Bereich.“ Bund und Länder müssten den Einsatz des Trojaners gemeinsam aufklären.
Uhl sagte, wer wie Leutheusser-Schnarrenberger den Strafverfolgungsbehörden präzise Rechtsgrundlagen für ihre Arbeit verweigere, dürfe sich nicht darüber beklagen, dass die Ermittler tatsächlich fehlende Regelungen angeblich nicht beachteten. Alle Bundes- und Landesbehörden brauchten klare Einsatzregeln, sagte Uhl der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
„Keine Gesetzesverstöße“
Herrmann sagte, er könne nicht erkennen, dass die bayerische Polizei und die Justiz gegen Gesetze verstoßen hätten. „Es geht um Maßnahmen, die in der Strafprozessordnung des Bundes klar geregelt sind und die das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich für die Verfolgung schwerer Verbrechen für zulässig erklärt hat“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, sagte der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ mit Blick auf Bayern: „Wenn nur die Hälfte dessen stimmt, was berichtet wurde, dann wackelt die Wand.“
Polizei-Gewerkschaft fordert klare Regeln
Die Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut, sagte der „Leipziger Volkszeitung“, die Bürger müssten sich darauf verlassen können, dass sich die Behörden an die vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Regeln halten. „Bevor wir als Polizei derartige Untersuchungen anlaufen lassen, müssen wir sicher wissen, dass Staatsanwaltschaften und Richter befähigt sind, die Zulässigkeit der eingesetzten Methoden zu beurteilen“, sagte er.
Die Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte einen Software-TÜV für behördliche Spionageprogramme. „Künftig dürften die Sicherheitsbehörden nur noch Programme verwenden, die unabhängige Experten eingehend geprüft und freigegeben hätten“, sagte DPolG-Chef Rainer Wendt der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
CCC-Sprecher Frank Rieger verlangte einen präzisen Katalog zugelassener Ermittlungsprogramme, ohne Unschärfen und Grauzonen. Allerdings lasse sich nur schwer nachweisen, dass ein Programm nicht missbraucht werden könne. „Denn man kann nur sehr schwer nachweisen, dass Software eine bestimmte Funktion nicht hat“, sagte er der Zeitung „Die Welt“.
Union schimpft auf Computer Club
Unions-Bundestagsfraktionsvize Günter Krings (CDU) warf dem CCC vor, die Sicherheitsbehörden des Bundes leichtfertig unter Generalverdacht gestellt zu haben. Bisher gebe es keinerlei Belege dafür, dass die analysierte Software tatsächlich illegal eingesetzt worden sei, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. dapd