Die FDP braucht Klarheit über ihren Kurs

Furchtbarer kann eine Niederlage kaum sein: Von der „Projekt 18 Prozent“-Prahlerei abgestürzt auf 1,8 Pünktchen. Seitdem die Liberalen mitregieren dürfen, es aber scheinbar nicht können, haben sie den wichtigsten Kredit beim Wähler verspielt: das Vertrauen. Stattdessen ist und bleibt die FDP Ankündigungs-Weltmeister. Früher wiederkäute Guido Westerwelle nach jeder Wahlschlappe sein Mantra: „Wir haben verstanden“. Denkste. Daraufhin versprach sein Nachfolger Philipp Rösler: „Jetzt wird geliefert.“ Doch der Scheck ist noch in der Post. Beim Bürger ist jedenfalls nichts angekommen. Auch dafür setzt es Niederlagen. Nach dem Debakel bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern gab Generalsekretär Lindner die Devise aus, man werde sich fortan wieder den „Brot- und Butter-Themen“ widmen.

Von wegen. Statt Schwarzbrot gab es sehr schnell wieder Sahnetorte. Philipp Röslers populistischer Kurswechsel in der Europapolitik und sein Gepolter gegen „Denkverbote“ folgte dem Motto: Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage. Nein, es gibt keine Denk-, aber sehr wohl Schwatzverbote, zumindest für Wirtschaftsminister, die durch ihre Äußerungen fahrlässig Börsenwerte vernichten können. Mag sein, dass die Finanzhilfen für Griechenland beim Bürger zu Recht schwer vermittelbar sind. Noch schwerer haben es aber Politiker, die ihre Versprechen zu oft brechen.

Hoffentlich ist es Philipp Rösler eine Lehre, dass sein Flirt mit dem Populismus so bitter endete.

Die FDP muss sich entscheiden, was sie will: Regieren oder Opponieren. Beides geht nicht.

Klarheit über den Kurs der Liberalen könnte demnächst nicht der Vorsitzende, sondern eine Mitgliederbefragung bringen. Sollten sich die Euroskeptiker durchsetzen, wäre ein Koalitionsbruch unvermeidbar. Neuwahlen wären dennoch schwer herbeizuführen. Es gibt derzeit noch nicht einmal ein gültiges Wahlrecht. Dessen Reform wurde vom Bundesverfassungsgericht zwar dringend gefordert, aber von der Koalition auf die lange Bank geschoben.

Nicht nur die FDP ist ganz tief unten angelangt.